Western Feeling mit Zukunftsantrieb

Aus Diesel wurde Elektro: Die Panoramabahn zeigt anschaulich, wie der Europa-Park Spass und Nachhaltigkeit unter einen Hut bringt

Die Panaromabahnen im Europa-Park sind miniaturisierte Abbilder von Dampflokomotiven aus den Gründerzeiten der USA und eine Herzensangelegenheit von Europa-Park-Chef Roland Mack. Denn schon seit der Öffnung des Europa-Park 1975 fahren Panoramabahnen die Besucher quer durch den Park zu den Attraktionen. In den letzten Jahren haben die Ministahlrösser einen grundlegenden Wandel erlebt, denn lange wurden die insgesamt fünf Züge von Dieselloks gezogen – das passt nicht mehr in die heutige Zeit. „Schon seit längerem hatten wir überlegt, von den klassischen Energieträgern Diesel und Benzin auf Strom umzustellen“, erklärt Steffen Kasten, Leiter der Betriebstechnik. „Motoren, die mit fossilen Brennstoffen angetrieben werden, sind wartungsintensiv, problematisch bei der Ersatzteilbeschaffung, schlagen mit immer höheren Treibstoffkosten zu Buche und produzieren Abgase. Diese wiederum belästigen Lokführer und Fahrgäste.“

 

Abgas- und Geruchsfrei 

Inzwischen schnaufen die Bahnen zwar immer noch wie im Wilden Westen durch den Europa-Park. Doch in ihnen steckt alles andere als eine Technik von anno dazumal: Die Panoramabahnen im Europa-Park sind vielmehr mittlerweile alle elektrisch – „abgas- und geruchsfrei durch einen umweltfreundlichen Antrieb“, wie Volker Klaiber, Direktor Operation & Service des Europa-Park, betont. Grundlage für das neue Konzept ist eine nachhaltige Energieversorgung. Regenerative elektrische Energie wird bereits auf dem Parkgelände erzeugt und bietet sich zur Eigenversorgung an. Hinter der Umstellung steckt aber auch ein höchst komplexer und innovativer Prozess. 

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Volker Klaiber

Denn: Von den Herstellern solcher Züge aus den USA wären zwar neue Loks mit Elektromotoren in Kombination mit Lithium-Ionen-Batterien zu bekommen gewesen, doch diese Lösung erschien den Verantwortlichen im Europa-Park nicht nachhaltig genug. 

Sie tüftelten an einer eigenständigen Lösung, die auch noch kostengünstiger sein sollte. Die Loks haben demnach eine ganz spezielle Technik unter ihrer Haube verpasst bekommen, die es so nur im Europa-Park gibt. „Dabei musste zum Beispiel der Rahmen jeder Lok komplett verändert werden, damit der Einbau von neuen Komponenten überhaupt möglich wurde“, erläutert Kasten. „Und die ganze Technologie, die dann eingebaut wurde, ist eine Zusammensetzung aus hunderten Prototypen, die eigens dafür entwickelt und gebaut worden sind.“

Neben den Abteilungen Elektrotechnik und Betriebstechnik des Europa-Park konnte als Partner für die Planung das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gewonnen werden. Zudem erfolgte die Entwicklung der neuen Technik in enger Zusammenarbeit mit dem weltweit erfolgreichen Antriebshersteller SEW Eurodrive aus dem nordbadischen Bruchsal. Die Erkenntnisse aus einer Masterarbeit beim KIT, unter anderem zu Strecken- und Höhenprofilen der Bahn, flossen als Grundlagen ein. SEW lieferte die komplette Antriebstechnik – also Motoren, Getriebe und Steuerung, darunter viele Teile, die es vorher noch gar nicht gab.

Etliche Nachhaltigkeits-Aspekte

Inzwischen sind sämtliche Panoramabahnen auf den ganz speziellen Elektro-Antrieb umgestellt. Sie werden bei jedem Halt in einem Bahnhof induktiv, also berührungsfrei, geladen. Hierfür wurden eigens vier Ladeeinheiten pro Bahnhof eingebaut, auf welche die Elektro-Lok automatisch auffährt. „Wir laden ein Prozent in einer Sekunde, das ist sehr viel“, beschreibt Kasten. „Dass wir Induktionsspeicher statt Lithium-Batterien einsetzen, ist ein weiterer Nachhaltigkeitsaspekt. Die Technik hält viel länger und kann deutlich umweltverträglicher entsorgt werden.“ Zudem werde der Zug nun mit energiesparenden LED-Lampen beleuchtet.

Auf das besondere Nostalgie-Feeling, das die Bahn ausstrahlt, müssen die Gäste bei all diesen Modernisierungen dennoch nicht verzichten. Es wird sogar verstärkt. So imitieren eingebaute Sound-Systeme die Geräusche einer echten Westernbahn. Selbst Dampf stößt die Lok aus – dazu wird Leitungswasser mithilfe von Ultraschall in feine Partikel zersetzt. „Die ganze eingebaute Technologie wurde eigens für unsere Loks entwickelt und gebaut“, betont Volker Klaiber, Direktor Operation & Service des Europa-Park. „Rund ein Jahr lang hat ein Mitarbeiter daran getüftelt“, sagt Klaiber. „Wir sind ja auf Instandhaltung ausgerichtet und kein produzierender Betrieb, der von Haus aus neue Technik entwickelt, daher haben uns die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem gesamten Projekt insgesamt weitergebracht und werden uns auch noch bei künftigen Herausforderungen helfen.“

Wertvolle Erfahrungen gesammelt

Insbesondere die Idee der Induktionsspeicher ist von den Verantwortlichen bereits bei anderen Attraktionen im Europa-Park aufgegriffen worden. Beispielsweise bei der Achterbahn „Blue Fire“ und den „Piraten in Batavia“ setzt der Europa-Park die Technik zum Energietanken der Fahrzeuge ein. „An anderer Stelle dient sie als Zwischenspeicher, um Spannungsspitzen abzufangen und somit das Stromnetz zu entlasten“, erläutert Klaiber. Außerdem wird die Induktionstechnik erneut bei der 2024 im Europa-Park an den Start gehenden neuen Superachterbahn „Voltron Nevera“ eingebaut.