Vom Wäschekorb zur Wellness-Oase

Die Flechtmanufaktur Katz in Nagold verbindet uraltes Handwerk mit modernem Lifestyle

Es könnte eine Frage für Günther Jauch & Co. sein: Welches Handwerk wird im Alten Testament bereits mehrfach erwähnt? Für Siegfried Katz besteht kein Zweifel an der Lösung: Flechten!
Diese Überzeugung vertrat er als Bundesinnungsmeister denn auch selbstbewusst bei der Verleihung der Auszeichnung des Flechthandwerks als immaterielles Weltkulturerbe vor einigen Jahren in Berlin voller Engagement – nicht unbedingt zur Freude der Kollegen von Weberei und Keramik.

Schließlich fertigten sich schon Adam und Eva nach dem Sündenfall einen Schurz an – ohne Webrahmen, Nadel und Faden oder gar Reißverschluss. Auch Moses trieb bekanntlich in einem Körbchen auf dem Nil, um nur zwei Beispiele zu nennen. „Flechten bedeutet den Beginn der Zivilisation“, ist sich der Meister dieses uralten Handwerks sicher, das jetzt von „Flechtwerkgestaltern“ ausgeübt wird – immer noch mit Herzblut und ohne Maschinen. Er selbst führt die Manufaktur im Nagolder Industriegebiet bereits in der dritten Generation und hat im Familienbetrieb den fast unglaublichen Wandel dieses Handwerks miterlebt und maßgeblich beeinflusst. „Als mein Großvater Mitte der 1920er Jahre seine Korbflechterei eröffnete, brachte er per Fahrrad vor allem Funktionskörbe zu den Kunden – Körbe für Wäsche, Babys, Obst- und Gemüsetransport.”

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„Flechten kann man fast alles“, sagt Siegfried Katz.

Im Nagolder „Showroom“ gibt es natürlich auch noch Körbe der unterschiedlichsten Ausführung, aber längst hat die Dekoration die Funktion in diesem Segment überholt. Elegante Flechtmöbel für Terrasse und Wohnraum bilden einen Schwerpunkt, daneben die Restauration alter Stücke, wie die berühmten Thonet-Freischwinger. Für Landesgartenschauen und Messen entstehen luftige dreidimensionale Kunstwerke, aber auch Wellness-Oasen bestellen beispielsweise geflochtene Kuppeln für ihre Ruhebereiche. In enger Zusammenarbeit mit Architekten lieferte die Manufaktur Balkone für nachhaltige Wohnbauprojekte, und Ballonfahrer setzen immer noch auf Flechtkörbe für sanfte Landungen. Eine der bisher größten Herausforderungen war vor einigen Jahren der Auftrag eines internationalen Bankers, seine Luxusyacht mit einem Kopfteil für ein überdimensionales Ruhebett zu versehen – inklusive Blattgoldauflage.

Kreativität gefordert
Derartige Extravaganzen sind natürlich nicht die Regel für den modernen Flechtwerkgestalter. Wer heute die Nachfolge der Korbflechter antreten möchte, kann sich bei der Staatlichen Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung in Lichtenfels zur dreijährigen Ausbildung anmelden. Illusionen über plötzlichen Reichtum darf man sich dabei nicht machen: „Flechten eignet sich gut als Zweitberuf für Individualisten mit manuellen Fähigkeiten, aber auch für Therapeuten etwa in beschützenden Werkstätten. Flechten beruhigt und ist eigentlich schon im Unbewussten angelegt. Deshalb geben wir auch immer mal wieder Kurse für Kinder, die über die Handarbeit Konzentration und Koordination verbessern.“

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Immer mehr Frauen sind übrigens in diesem Handwerk tätig, das auch an die Kreativität hohe Ansprüche stellen kann und in der Mode eine lange Geschichte in Form von Schuhen, Handtaschen, Gürteln und Hüten hat. „Flechten kann man fast alles, man muss es nur wollen“, weiß Siegfried Katz aus Erfahrung – nicht nur das aus dem Werkunterricht bekannte Peddigrohr, sondern Papyrus, Bambus, Binsen, Stroh, Kunststoff, Metall und, und, und. Ein Besuch in den Ausstellungsräumen der Flechtmanufaktur vermittelt einen Eindruck von der Vielfalt dieses auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sehr aktuellen alten Handwerks.

Irene Schröder 

katz-flecht.de