Weltweit gefeierter Künstler

Anselm Kiefer, einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart, kehrt mit einem besonderen Projekt zu seinen Wurzeln in Rastatt zurück

Der gebürtige Badener Anselm Kiefer gehört zu den bedeutendsten und teuersten Künstlern der Gegenwart. Sein um fangreiches Werk ist in den großen Museen der Welt vertreten, wird mit wichtigen Ausstellungen gewürdigt und begeistert internationale Sammler. 2008 wurde dem vielfach Preisgekrönten als erstem bildenden Künstler überhaupt der hoch angesehene Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Vor drei Jahren, zu seinem 75. Geburtstag, hat ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als singuläre Erscheinung der internationalen Kunstszene gewürdigt.

Anselm Kiefer wuchs in Rastatt auf. Sein Abitur legte er 1965 am Rastatter Ludwig-Wilhelm-Gymnasium ab. Das nahe Frankreich ist seit Kindertagen sein Sehnsuchtsland. Seit den 1990er Jahren lebt der Starkünstler in Frankreich. Zuerst im südfranzösischen Barjac, seit bald 20 Jahren entsteht seine Kunst in riesigen Atelierhallen bei Paris. Seiner Heimatstadt zwischen Murg und Rhein ist Anselm Kiefer lange nicht mehr so verbunden gewesen, wie in den vergangenen Monaten: Ende Oktober 2023 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde Rastatts verliehen. Und in diesem Zuge ist auch publik geworden, dass Kiefer sein früheres Elternhaus in Ottersdorf erworben hat, um es in ein Zentrum für Nachwuchskünstler umzuwandeln. Sein Vater, ein Kunstpädagoge, hat ihn früh inspiriert, schon als Schüler erhielt der kunstbegabte Sohn eine Kunststudienreise.

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Künstlerische Wurzeln in Rastatt
Anselm Kiefers Vater Albert hatte es vom einfachen Kunstlehrer in Rastatt bis zum Professor für Kunstdidaktik an der Universität Frankfurt gebracht. Dass sein heute 78-jähriger Sohn einer der bedeutendsten Künstler unserer Zeit geworden ist, hat den Vater, der 2018 mit 99 Jahren starb, mit großem Stolz erfüllt. 

Anselm Kiefers Karriere begann mit einem Skandal. Er war der erste deutsche Künstler, der das Tabu der Darstellung von Nazisymbolik brach. Für seine Abschlussarbeit an der Kunstakademie in Karlsruhe 1969 zeigte er an bedeutenden europäischen Stätten den Hitlergruß, um mit der Aktion den Abgrund des Faschismus in provozierenden Bildern aufzeigen. Diesen performativen Akt hielt er auf Fotografien fest – für ihn eine notwendige Provokation, um an die Pflicht zur Erinnerung zu appellieren. „Meine Biographie ist die Biographie Deutschlands“, erklärte er später einmal.

„Palmsonntag“

„20 Jahre Einsamkeit“

Kiefer wurde im März 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, in Donaueschingen im Schutzkeller eines Krankenhauses geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Rastatt, der Heimatstadt seiner Eltern, zwischen Trümmern. Ruinen, Menschenleere und eine zerstörte Welt sind zu immer wiederkehrenden Themen in seinem Gesamtwerk geworden – Asche, Schutt, Ruß und Blei zu seinem Material. Aber auch die Rheinauen bei Ottersdorf, die er in der Jugend durchstreifte, prägten ihn. In Anselm Kiefers Werk entfaltet eine stark symbolisch aufgeladene Bildsprache ihre Wirkung: Das Feuer, das erschafft, der labyrinthische Wald, das Wasser der Sintflut und des Ursprungs allen Lebens, die Erde, die gibt und wieder nimmt. Zerstörung und Wiederaufbau prägen seine oft grautonigen monumentalen Werke. Im Fokus steht Blei, das er leicht formbar skulptural zu glänzenden Reliefs oder Riesenbüchern verarbeitet.


Deutsch-französische Grenze im elterlichen Keller?
Kiefers Werken sind schon früh Grenzerfahrungen eigen. Wenn der Rhein im Frühjahr über die Ufer trat und den Keller seines Elternhauses in Ottersdorf flutete, habe er sich überlegt, so verriet Kiefer bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde vor wenigen Monaten in Rastatt, wo denn nun diese Grenze zwischen Deutschland und Frankreich verlief. In der Mitte des Flusses oder im elterlichen Keller? Vater Albert hat mit seinen Fundkästen voller Naturalien das Kunstschaffen seines Sohns inspiriert. Zusammen sind Vater und Sohn gerne durch die Rheinauen bei Ottersdorf gestreift, wo die Familie Kiefer ab 1951 ihr Haus hatte. Und diese Stängel, Blüten oder Naturphänomene finden sich bis heute in den Werken Anselm Kiefers. Wie ein Besessener sammelt Kiefer getrocknete Pflanzenreste, an denen das Werden und Vergehen nachvollzogen werden kann, aber auch Samen für die Wiedergeburt enthalten sind. Auch Action-Held Sylvester Stallone besaß ein monumentales Bild von ihm mit Strohhalmen. Der Marktwert für einen „Kiefer“ liegt im Millionenbereich. Die Städtische Galerie „Fruchthalle“ seiner Heimatstadt Rastatt hat auch Kunstwerke von Anselm Kiefer in ihrer Sammlung. Die monumentale Grafik „Wege der Weltweisheit – Die Hermannsschlacht“ wurde bereits zur Eröffnung der Badner Halle 1990 für die städtische Sammlung erworben. Dort blieb sie geraume Zeit, bis der Stadt wohl bewusst wurde, wie wertvoll das Werk ist, das da im Foyer der Veranstaltungshalle hing.

Ihren festen Platz erhielt die „Hermannsschlacht“ dann im Erdgeschoss der Städtischen Galerie, wo der dauerhaft angebrachte Holzschnitt mit zwei jüngeren Schenkungen des Künstlers 2018 zu einem kleinen Kabinett vereint worden ist. Dieser großteilige Holzschnitt „Wege der Weltweisheit“ mit den Porträts deutscher Geistesgrößen zeigt auch Wege in das Denken und in die Kunst Kiefers. Es steht stellvertretend für Kiefers Versuch, die geistigen Wurzeln unserer Herkunft und unsere germanischen Herkunftsmythen zu verstehen.

„Anselm“ im Kino
Sein derzeitiges Atelier hat Kiefer für ein besonderes Filmprojekt des bedeutenden deutschen Filmregisseurs Wim Wenders in 3D geöffnet. Im vergangenen Herbst ist das Filmporträt „Anselm“ ins Kino gekommen. Es nimmt mit auf eine Rundreise durch die gewaltigen Pariser Studiohallen des Malers und Bildhauers – durch dessen 36.000 Quadratmeter Kiefer mit dem Fahrrad streift.

rastatt.de

Christiane Lenhardt