„Wir sind an der Seite des Handwerks“

Die badische evangelische Landesbischöfin Heike Springhart spricht im Interview über die vielfältigen Beziehungen zwischen Kirche und Handwerk in der heutigen Zeit

Welche Bedeutung hat das Handwerk für die Kirche?
Heike Springhart: Das Handwerk hat für die Kirche eine große Bedeutung. Es ist in vielerlei Hinsicht regiolokal organisiert und trägt dadurch in besonderer Weise zu humanem, sozialverträglichem und gemeinwohlorientiertem Wirtschaften bei. Insbesondere auf den Kirchenbau bezogen kommt dem Handwerk besondere Bedeutung zu. Für die konkreten Baustellen der Kirche sind wir angewiesen auf fachlich gut ausgebildete und auch verfügbare Handwerksbetriebe. Wie die Kirche strahlt das Handwerk insbesondere im konkreten Sozialraum aus und ist mit seinen meist lokalen und familiären Strukturen eine wesentliche Säule im Sozialraum. Es macht ihn stark. Da, wo es verschwindet, setzt eine Negativspirale ein, die viele Menschen als Niedergang empfinden: Erst geht der Schuster, dann geht der Metzger, dann geht der Bäcker und am Ende geht auch noch die Kirche.

Und umgekehrt?
Springhart: Die Kirche hat in verschiedener Hinsicht Bedeutung für das Handwerk. Wir sind als Kirche an der Seite von Menschen in ihrer konkreten Lebenswelt – auch für Menschen im Handwerk. Die kirchliche Arbeit mit Handwerkerinnen und Handwerkern ist im Bereich der evangelischen Landeskirchen Teil des „Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt“. Ein besonders schönes Miteinander ist die Aktion „5.000 Brote“ im Rahmen des Konfi-Unterrichts, wo Konfirmandinnen und Konfirmanden in örtlichen Backstuben und unter fachkundiger Anleitung von Bäckern Brote backen, die dann zugunsten von „Brot für die Welt“ verkauft werden.
Im Baubereich hat die Kirche auch für das Handwerk eine große Bedeutung, weil sie verlässlicher Arbeitgeber ist und nach fairen Regeln handelt und bezahlt. Die kirchlichen Bauprojekte sind oft interessante Projekte, bei denen handwerkliche Erfahrung nötig ist.

Somit ist die Kirche noch immer ein großer Auftraggeber für das Handwerk?
Springhart: Die Kirche hat für das Handwerk auch deswegen Bedeutung, weil trotz geringer werdender Finanzkraft weiterhin Aufträge vergeben werden. Der Wohnungsbau mag wegbrechen, aber die Kirche baut und saniert weiterhin. Sie ist ein großer Arbeitgeber vor allem im Baubereich. Hier profitieren alle Bauhaupt- und Nebengewerke sowie die technischen Gewerke.

Wie sieht es mit konkreten kirchlichen Angeboten wie beispielsweise Handwerker-Gottesdiensten heute aus?
Springhart: Vor einigen Jahren gab es beispielsweise in Karlsruhe Handwerker-Gottesdienste. Seit einiger Zeit gab es diese nicht mehr, aber es ist geplant, spätestens 2025 wieder solche Gottesdienste zu feiern, voraussichtlich im Zusammenhang mit dem „Tag des Handwerks“.

Gibt es auch Projekte oder Anliegen, bei denen Kirche und Handwerk zusammenarbeiten?
Springhart: Neben der schon genannten 5.000-Brote-Aktion, die eine Kooperation von Kirche und Bäckerhandwerk ist, und allen Bauprojekten stehen Kirchen und Handwerk auch darin zusammen, dass es um starke Netzwerke in den Sozialräumen geht, um Stärkung der Familien und ihrer Betriebe und um eine Hochschätzung dessen, was in langer Tradition weitergegeben und für heute angepasst wird. Ein konkretes und sehr schönes Projekt war im letzten Jahr die Kooperation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Bauabteilung der Landeskirche und einem Zimmereibetrieb. Unter Anleitung von professionellen Zimmerleuten haben die knapp 30 kirchlichen Baumenschen in einer Woche einen Holzboden in der Heiliggeistkirche Heidelberg verlegt.

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Landesbischöfin Heike Springhart leitete den Gottesdienst bei der Trauerfeier für den verstorbenen Alt-Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble in der evangelischen Stadtkirche von Offenburg.

Wie steht es um Ihre eigenen handwerklichen Fähigkeiten? Wann hatten Sie zuletzt einen Hammer in der Hand?
Springhart: Da ich noch immer mit den Resten meines Einzugs in die Karlsruher Wohnung beschäftigt bin, habe ich immer wieder einen Hammer in der Hand, zuletzt gestern. Die Aufgabe – Aufhängen eines Bildes – war allerdings nicht übermäßig komplex. Da meine Eltern während meiner Grundschulzeit unser Haus gebaut haben, habe ich durchaus einen Bezug zu dem, was dafür zu machen ist – von Mauern bis Malern, von Dachdecken bis Dämmen. In meinem Jugendzimmer habe ich einst die Nut- und Federbretter selbst an Decke und Wände angebracht.

Christoph Ertz 


Heike Springhart
Mit Bischöfin Heike Springhart steht seit 2022 erstmals eine Frau an der Spitze der Evangelischen Landeskirche in Baden. Die Professorin für Systematische Theologie, geboren 1975 in Basel und aufgewachsen in Schönau im Schwarzwald, will als Bischöfin die „Kirche, in ihrer bunten Vielfalt gestalten“. Die Kirche solle Menschen im gesellschaftlichen Wandel ermutigen und konstruktive Impulse setzen. Vor ihrem Bischofsamt war Springhart unter anderem als Pfarrerin in Mannheim und Pforzheim tätig. Die badische Landeskirche hat mehr als eine Million Mitglieder von Wertheim im Norden bis Konstanz am Bodensee.

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