Spuren der Weltgeschichte

Weshalb Ettenheim die „Rohanstadt“ ist – und welcher historische „Krimi“ sich dahinter verbirgt

Das barocke Rathaus (Titelbild: Zweites Gebäude von links) wurde einige Jahrzehnte vor Rohans Ankunft fertiggestellt.

Das Palais Rohan, die Rohan-Apotheke, der Rohanhof und die Rohanstraße. Ettenheim blickt auf eine 700 Jahre währende Stadtgeschichte zurück. Beim Spazieren durch die außerordentlich gut erhaltene Altstadt mit ihren malerischen Gassen sowie wunderschönen Fachwerk- und barocken Stadthäusern fällt ein Name immer wieder ins Auge, der aus den verschiedenen Epochen besonders herauszustechen scheint: Rohan. Ettenheim wird sogar „Rohanstadt“ genannt.
 

Doch was hat es damit auf sich? Rohan? Das klingt irgendwie nicht nach Baden. Und in der Tat: Hinter dem Namen verbirgt sich der französische Kardinal Louis René Édouard de Rohan-Guémené. Er hat Ettenheim einen kleinen Platz in der Weltgeschichte beschert – was in der rechtsrheinischen deutschen Gemeinde bis heute zelebriert wird. Auch noch mehr als 220 Jahre nach seinem Tod 1803 im Ettenheimer Schloss, liest sich Rohans Geschichte wie ein Krimi. Denn der Kirchenmann war verwickelt in die „Halsbandaffäre“, die nach Ansicht etlicher Gelehrter einer der Auslöser der Französischen Revolution gewesen ist, in deren Folge König Ludwigs XVI. und seine Gemahlin Marie Antoinette sowie mehr als 16.000 weitere Menschen zu iher Hinrichtung auf der Guillotine gelandet sind.

„Halsbandaffäre“ erschüttert Frankreich
Die Geschichte führt zurück an den Versailler Hof, berüchtigt für seine Verschwendungssucht. Dagegen hatte das Volk mit harten Steuern, der Willkür der Steuerpächter, hohen Lebensmittelpreisen, den Privilegien des Adels und des Klerus, die keine Steuern zu entrichten hatten, Armut und einer korrupten Justiz zu kämpfen. In dieser Situation gilt die „Halsbandaffäre“, die 1784 begann, als ein Ereignis, das den Ruf des Königshauses nachhaltig erschütterte.

 

Die Affäre um das Halsband der Königin Marie Antoinette ist eine der berühmtesten Betrügereien in der französischen Geschichte. Im Mittelpunkt stand Jeanne de Saint-Rémy de Valois, bekannt als Comtesse de La Motte. Als verarmte Adlige entwarf sie einen gewagten Betrug, um sich zu bereichern. Sie brachte Rohan ins Spiel. Der Fürstbischof von Straßburg hegte den Ehrgeiz, Erster Minister von Frankreich zu werden, hatte sich aber während seiner Zeit als Botschafter Frankreichs in Wien das Missfallen der Kaiserin Maria Theresia zugezogen – Marie Antoinettes Mutter. Jedermann wusste, dass Rohan alles daran setzte, die Gunst der Königin wiederzuerlangen. Das nutzte die gerissene Hochstaplerin Jeanne de La Motte aus und versicherte dem Kardinal sehr überzeugend, sie besitze entscheidenden Einfluss am Hofe.

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Im romantischen Prinzengarten fand auch schon Kardinal Rohan Entspannung und Ruhe.

Gleichzeitig versuchten die Kronjuweliere Böhmer und Bassenge verzweifelt, ein prächtiges Diamantcollier zu verkaufen – im Wert von 1,6 Millionen Livre, eine unvorstellbare Summe damals. De La Motte gelang es, dem Kardinal einzureden, er müsse nur für den Kauf des Colliers bürgen und es der Königin überlassen. Diese werde es danach ratenweise bezahlen. Und so verbürgte sich Rohan tatsächlich bei den Juwelieren, dass der Schmuck vom Hof bezahlt würde, und händigte ihn im Februar 1785 de La Motte aus. Als mehrere Zahlungstermine verstrichen, mahnten Böhmer und Bassenge den Königshof energisch zur Zahlung und der Skandal flog auf. Inzwischen war Gräfin de La Motte über alle Berge und hatte die Diamanten aus dem Collier gebrochen und verkauft. Später wurde sie verhaftet und mit einem glühenden Eisen gebrandmarkt.

 

Geschädigt und dennoch angeklagt
Rohan, eigentlich ja das geprellte Opfer, wurde allerdings ebenfalls in Haft genommen. Die gesamte Affäre, in die Marie Antoinette unverschuldet hineingezogen worden war, brachte die Franzosen mehr und mehr gegen die Monarchie auf. 

Selbst als der Kardinal 1786 wieder freigesprochen wurde, ergoss sich Hohn und Spott über Marie Antoinette. Viele glaubten, die Königin sei in die delikate Angelegenheit verwickelt. Man hielt sie für leicht zu verführen und prangerte ihre Verschwendungssucht an. Der Volksmund nannte sie „Madame Defizit“, jede Menge Schmähschriften kursierten. Die Revolution nahm ihren Lauf. Davor fliehend übersiedelte Rohan 1790 mit seiner ganzen Hofhaltung nach Ettenheim und wurde im Schloss untergebracht. Ettenheim wurde zur fürstbischöflichen Residenz. Hier empfing der Kardinal Diplomaten und Militärs, die Mitglieder seines Hofstaates, Beamte sowie Agenten und Emissäre. Rohan versuchte mit all seinen Mitteln, diejenigen zu unterstützen, die die vorrevolutionären Zustände in Frankreich wiederherstellen wollten. Doch vergebens. Am 16. Februar 1803 starb Rohan mit 69 Jahren – hochverschuldet. Im Chor der Ettenheimer Stadtpfarrkirche wurde er beigesetzt.

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Die Nachbildung des Colliers, das so tragische Folgen hatte, ist im Ettenheimer Stadtmuseum, zu sehen.

Die Halsbandaffäre im Film
Unter dem Titel „Das Halsband der Königin“ (The Affair of the Necklace) hat Hollywood die legendäre Halsbandaffäre in Szene gesetzt. In dem Film von Charles Shyer aus dem Jahr 2001 überzeugen Joely Richardson und Jonathan Pryce als Marie Antoinette beziehungsweise Kardinal Rohan. Oscarpreisträger Christopher Walken ist in einer Nebenrolle zu sehen.

Heute ist in der Stadt Ettenheim wenig aus Rohans Nachlass verblieben. Am bedeutendsten davon sind seine Büste im Stadtmuseum und ein Gobelin, der früher an hohen Festtagen die Rückwand des Baldachins der Stadtkirche schmückte. Besonders bemerkenswert ist aber die Nachbildung des berühmten Halsbands, das für Frankreichs Königin Marie Antoinette bestimmt war und zur gleichnamigen Affäre führte. Es kann in Originalgröße im Ettenheimer Stadtmuseum besichtigt werden. 2004 hatte die Rohan-Nachfahrin Gräfin Marguerite Kottulinsky der Stadt die kostbare Nachbildung zum Geschenk gemacht.

„Rohan“ führt durch die Stadt
Die Beziehung zwischen Rohan und Ettenheim lässt sich besonders bei regelmäßigen Stadtführungen nachvollziehen. „Gestatten, mein Name ist Rohan, Louis René Edouard von Rohan-Guémené. Als Prinz von Rohan war ich Kardinal und Fürstbischof von Straßburg. Genau hundert Jahre hatte meine Familie dieses Amt inne“, so schlüpft ein Stadtführer dann in seine Rolle. „Während dieser Zeit haben wir die Geschicke Frankreichs maßgeblich mitbestimmt. Wenn ich auch meine glanzvollsten Zeiten in Wien und Paris verbachte, so waren mir die schönsten Stunden doch in Ettenheim vergönnt, wo ich in stürmischer Zeit meine Ruhe und den Frieden mit den Menschen fand.“

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Die Stadtkirche – dort ist Rohan begraben.

Info Stadtführungen
www.ettenheim.de/tourismus-und-kultur/sehen-hoeren-erleben/stadtfuehrungen

Nähere Informationen:
Linda Stengg
Amt für Wirtschaftsförderung & Digitalisierung – Tourismus
linda.stengg@ettenheim.de 
+49 7822 432 220

Hier geht es zum Beitrag ARD Landesschau Baden-Württemberg vom 9. Mai 2025