Die Macken der Monster

Jasmin Dietrich leitet die Abteilung „Animatronics“ und genießt im Europa-Park ihren Job – und ihre Freiheit

An verblüffte Reaktionen – vor allem männlicherseits – hat sich Jasmin Dietrich seit langem gewöhnt. Die aparte 35-Jährige mit den langen dunklen Haaren mochte sich nie in ein Klischee pressen lassen und passt vielleicht gerade deshalb in die bekanntlich immer voller Überraschungen steckende Welt des Europa-Park. Dass sie einmal als Leiterin Animatronics eines vierköpfigen Teams im Bereich Dekoration für die korrekte Funktion der rund 1.500 Parkfiguren verantwortlich sein würde, hätte selbst sie sich wohl nicht träumen lassen. „Manchmal werde ich schon blöd angeschaut“, lacht sie, „aber ich lasse mich gern unterschätzen.“


 

Schon die kleine Jasmin war ein leidenschaftlicher Europa-Park-Fan. „Immer, wenn ich mit meinen Eltern aus Schwäbisch Hall hierher kam, hatte ich das Gefühl: Ich bin hier zuhause“, erzählt sie. Nicht nur die aufregenden Fahrgeschäfte faszinierten sie, die gesamte Atmosphäre zog sie in ihren Bann. Als Teenager und Erwachsene leistete sie sich immer mal wieder eine kleine Auszeit im Park, mit allen Facetten von Fitness über Entertainment bis zur Gastronomie.

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Dass die Technik ihr Berufsleben prägen würde, war der leidenschaftlichen Motorradfahrerin schon früh klar – eine Ausbildung zur Automechatronikerin, nicht gerade der typische Frauenberuf, schien da nur logisch, war aber nicht genug. Jasmin Dietrich studierte auf der Suche nach neuen Herausforderungen in Schwäbisch Gmünd Interaktionsgestaltung, um an einer Schnittstelle zwischen Technik und Design ihren idealen Job zu finden. Stattdessen landete sie im Fitness-Studio – aus sehr privaten Gründen. Eine Stoffwechselerkrankung hatte ihr Gewicht in die Höhe schnellen lassen, Crashdiäten blieben erfolglos. „Was kann ich jetzt mit meinem Leben anfangen?“, fragte sich die junge Frau und entwickelte ihr eigenes Sport- und Ernährungskonzept, mit dem sie ihr Gewicht von 93 auf 60 Kilogramm verringerte. Mit diesem Erfolg auf der Waage vor Augen marschierte sie in ein Fitness-Studio und bot sich als Mitarbeiterin an.

 

Der Chef fand ihr Anliegen „dreist, aber cool“ und gab ihr einen Ausbildungsvertrag zur Fitness- und Ernährungsberaterin. Sie arbeitete bald auch mit Reha-Patienten – „das war so schön!“

Durch einen Zufall kam ein Kontakt zu einem leitenden Mitarbeiter des Europa-Park zustande. Der erkannte das Potenzial von Jasmin Dietrich. Nach einem längeren Gespräch schlug er ihr zu ihrer großen Überraschung vor, die Leitung der kleinen Abteilung Animatronics zu übernehmen, die aus Krankheitsgründen neu besetzt werden musste.

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Mehr Herausforderung war kaum denkbar: 2019 trat Jasmin Dietrich ihren Job unter Corona-Bedingungen an, es gab keine Einarbeitungszeit, „und mein Vorgänger hatte nicht einmal einen Computer“. 2020 stand die „Batavia“-Eröffnung mit rund 100 neuen Figuren an. Am Vorabend der Eröffnung verlor zwar eine Figur ihren Kopf, aber keineswegs die neue Leiterin, die umgehend aus Lahr passende Schrauben für die Reparatur besorgte. „Ich bin nur für das Funktionieren der Figuren zuständig, nicht für Kostüme und Gestaltung“, betont sie – und das bedeutet immer wieder neue Herausforderungen, wenn bei der morgendlichen Kontrolle im Park, lange vor der Öffnung für die Besucherströme, Defekte gemeldet werden. Um sechs Uhr morgens ist Jasmin Dietrich bereits in der Werkstatt präsent, um ihre „Patienten“ aus den verschiedenen Themenbereichen zu versorgen.

Mit Elektrocar und Werkzeugtasche eilen Dietrich und ihre Kollegen zum „Einsatz“, um den Schaden möglichst schnell zu beheben. „Stationär“, das heißt in der Werkstatt, werden eigentlich nur Figuren bearbeitet, die beispielsweise wegen ihres Alters einer Generalüberholung oder einer kompletten Umgestaltung wegen eines neuen Aufgabenbereichs bedür- fen. „Da gibt es kein Schema F“, freut sie sich. Die unterschiedlichen Hersteller liefern nämlich keine „Baupläne“ der Figuren mit, auch die Zusammensetzung der Materialien ist oft unbekannt. Hier ist enge Zusammenarbeit mit der Elektronikabteilung gefragt, wie ohnehin die Kooperation der verschiedenen Abteilungen die Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf des Parkbetriebs ist.

 

Bei Figuren, die 26 verschiedene Bewegungen ausführen können, wird beispielsweise Technik aus der Raumfahrt eingesetzt. Selbst ein absoluter Technik-Fan wie Jasmin Dietrich hat ihre Lieblinge unter den Animatronics: „Madame Freudenreich“, die elsässische Dino-Oma, oder den edlen Piraten „Batholomeus von Robbemond“. Um ihre Figuren noch besser kennenzulernen, arbeitet Dietrich derzeit an einer außergewöhnlichen Dokumentation: In einer Art „Krankenakte“ werden typische „Macken“ eines Piraten, Monsters oder einer Elfe festgehalten, um möglichst schnell reagieren zu können. „Ich habe hier alle Freiheiten, so lange es läuft“, schwärmt sie von ihrem Traumjob in der Traumwelt ihrer Kindheit.

Irene Schröder

 

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Das Team von Jasmin Dietrich (zweite von rechts) setzt sogar Technik aus der Raumfahrt ein.