50 Jahre Wagnis und Erfolg

Wie der Europa-Park aus beschaulichen Anfängen heraus zu einem der weltbesten Freizeitparks geworden ist

Endlich Wochenende, bei den allermeisten ist Durchatmen angesagt. Für eine Familie aus Südbaden ändert sich an diesem Wochenende vor fünf Jahrzehnten aber so gut wie alles. Sie blickt zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine lange erfolgreiche Geschichte als Familienunternehmen zurück. Bis 1780 reichen diese Wurzeln, als noch Friedrich der Große und Katharina die Große maßgeblich die Geschicke in Europa prägten. Doch am 12. Juli 1975 ist die Familie Mack äußerst angespannt. Sie hat alles auf eine Karte gesetzt, das Privatvermögen inklusive.

Es ist der erste Tag einer regelrechten Institution, die heute das beliebteste Reiseziel Deutschlands überhaupt ist, noch vor dem Kölner Dom oder Schloss Neuschwanstein. Der Europa-Park im früheren Fischerort Rust, rund 40 Kilometer von Freiburg entfernt, öffnet zum ersten Mal – am 12.Juli mit einer offiziellen Premiere für geladene Gäste und am darauffolgenden Sonntag für den Publikumsverkehr. „Die gesamte Familie stand am Eingang und hat gewartet, ob überhaupt jemand kommt ...“, blickt Marianne Mack zurück.


Gleich der erste Publikumstag erweist sich aber als ein guter Tag. Ob jemand kam? Oh ja, und wie: mehr als 4.000 Besucher, damit hatte niemand gerechnet. „Die Menschen standen Schlange und wir wurden regelrecht überrannt“, erinnert sich Marianne Mack. Michael Scholz, der erste Mitarbeiter des Europa-Park, beschreibt: „Am Samstag hatte es noch geregnet, aber der Sonntag war ein wunderschöner Sommertag. Die Leute strömten vorne rein und ich habe hinten noch das letzte Stück der Straße geteert ...“ Erwachsene zahlten sechs Mark Eintritt, Kinder fünf.

Der Europa-Park heute: Das ist Deutschlands größter Freizeitpark mit mehr als sechs Millionen Besuchern jährlich – das ist der weltweit größte Themenpark, der nicht von einem Konzern, sondern von einer Inhaberfamilie, geführt wird. 

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Franz und Roland Mack (Mitte und rechts) haben den Europa-Park gegründet. Jürgen Mack (links) stieg Mitte der 1980er Jahre in die Geschäftsführung ein.

Auf einer Fläche von rund 95 Hektar begeistern mehr als 100 Attraktionen die Gäste, darunter spektakuläre Achterbahnen auf dem neuesten Stand wie „Voltron Nevera“ und bahnbrechende futuristische Virtual-Reality-Anwendungen. Hinzu gesellen sich Deutschlands größter zusammenhängender Hotel-Standort und die Wasserwelt Rulantica, ebenfalls ein äußerst erfolgreicher Publikumsmagnet.

„Ohne Aussicht auf Erfolg“
Dagegen kommt der Europa-Park 1975 zwar liebevoll, aber eher beschaulich, daher. Hinter dem Eingang, bestehend aus zwei Kassenhäuschen, warten auf einer Gesamtfläche von 15 Hektar rund ein Dutzend aus heutiger Sicht gemächliche Attraktionen, darunter Minigolfflächen und die Panoramabahn sowie die Silverstone-Piste, die noch immer ihre Runden im Park drehen. Vor allem aber ist der Europa-Park 1975 ein Wagnis. „Wir galten als Exoten, ohne Aussicht auf Erfolg“, vergaß Franz Mack (verstorben 2010) zeitlebens nie zu betonen. Das Oberhaupt des Familienunternehmens Mack ist 1975 bereits 54 Jahre alt – und einer der Großen in seiner Branche. Gegründet von Paul Mack gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Waldkirch am Rand des Schwarzwalds hatte das Unternehmen, aus dem sich der Europa-Park entwickeln sollte, zuerst Kutschen und dann Wagen für Schaustel- ler und Zirkusbetriebe gebaut. Mack wird „Hoflieferant“ des Zirkus Krone, die Produkte gelten als „Mercedes der Branche“. Das bleibt auch so, als sich die Firma auf Karusselle und Achterbahnen verlegt.

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Entscheidung über den Wolken
In den 1950er Jahren, als die Menschen nach Ablenkung von den Schrecken des Krieges lechzen und Volksfeste boomen, macht Franz Mack seine Firma zum Weltunternehmen. Mit Bestsellern wie „Musik-Express“, „Wilde Maus“ und „Hully-Gully“ avanciert es zum erfolgreichsten Hersteller etwa von Auto-Scootern, Karussells, Geisterbahnen sowie Spiel- und Verkaufswagen aller Art. 1972 ist Franz Mack gemeinsam mit seinem Sohn Roland, geboren 1949 und Maschinenbaustudent, auf Verkaufstour in den USA unterwegs. Sie klappern die bereits zahlreichen Freizeitparks an der Ost- und Westküste ab. Die Idee vom Vergnügungspark reicht in Europa bereits bis ins 18. und 19. Jahrhundert zurück – aber besonders Walt Disney löst über dem großen Teich einen Freizeit-Park-Boom aus, als er 1955 erstmals den Traum verwirklicht, seine Filme in einer erlebbaren Märchenwelt nachzubauen. „Völlig fasziniert“ kommen Franz und Roland Mack auf die Idee zum eigenen Park mit fest installierten Attraktionen: „Das ist eine Marktlücke in Deutschland, das wäre auch ein ideales Schaufenster für unsere Angebote.“ Beim Rückflug fällt die Entscheidung: „Das machen wir“, stimmen Vater und Sohn über den Wolken überein. Auf Bierdeckeln entwerfen sie erste Konzepte, allerdings nicht ahnend, mit welchen Schwierigkeiten sie konfrontiert sein werden.

Deutschlands künftiger größter Freizeitpark sollte in einem schönen Waldstück mit Schlosspark im kleinen Rust zwischen Schwarzwald, französischen Vogesen und der Schweiz entstehen. Wegen des Dreiländerecks und des Europa-Sees in der Region entsteht der Name: „Europa-Park“. Ein Argument für den Standort ist von Anfang an die Nähe zur Autobahn A5 – doch sollen darüber tatsächlich Besuchermassen in die badische Provinz kommen? Ganz alleine kann die Familie Mack das Vorhaben nicht finanzieren, die großen Banken winken ab. „Eine einzige Katastrophe“, sagt Roland Mack noch heute. „Sie konnten sich nicht vorstellen, dass so etwas funktioniert. Nur die Volksbank hat an uns geglaubt. Es mussten sich aber mehrere Volksbanken zusammenschließen, um die Kredithöhe zu bewältigen. Wir sind ihnen bis heute treu geblieben.“

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Allen Widerständen zum Trotz
Als Sicherheit für den Bau des Europa-Park in einem Gesamtvolumen von rund 20 Millionen DM brachte Franz Mack sein gesamtes Vermögen ein, auch das Privathaus der Familie. Allen Unkenrufen zum Trotz beginnt 1973 der Bau. Die Zweifel bleiben allerdings noch eine Zeitlang ein steter Begleiter. Die Schlagzeilen „Der Pleitegeier schwebt über Rust“ oder „Was geschieht mit der Freizeitruine im badischen Fischerdorf?“ gehören zu den ersten Presseresonanzen. Außerdem erschütterte ein schwerer Schicksalsschlag das Unterfangen. „Eigentlich hatte mein Vater gemeinsame Pläne mit dem Schausteller Otto Tiemann geschmiedet“, berichtet Roland Mack. Tiemann war als Betreiber des Parks vorgesehen. Doch nur drei Monate vor der geplanten Eröffnung verstarb er plötzlich. Und so kam es, dass Roland Mack die Leitung des Europa-Park übernahm, in die später auch sein neun Jahre jüngerer Bruder Jürgen einstieg, der seit 1988 insbesondere die Bereiche Show (bis 2005), Personal, Finanzen und Controlling verantwortet.

Die Zweifler sollten indes bald verstummen, denn die Zahlen entwickeln sich von Anfang an positiv. Nach dem ersten Erfolgstag ist es erfolgreich immer weiter gegangen. 1975 kommen 250.000 Menschen, ein Jahr später in der ersten vollen Saison bereits 700.000 und die erste Besuchermillion wird 1978 geknackt. Bald nimmt die Entwicklung richtig Tempo auf. In jeder Saison gibt es Neues zu bestaunen. Bereits Mitte der 1990er Jahre konnte Roland Mack verkünden: „Wer hier alles sehen will, braucht zwei Tage.“

Als ein entscheidender Schritt erwies sich 1982 die Eröffnung des italienischen Themenbereichs und damit die erste Umsetzung des europäischen Themenkonzeptes zusammen mit dem 2007 im Alter von 92 Jahren verstorbenen Bühnenbildner und Filmarchitekten Ulrich Damrau. Der Name des Parks wurde zum unverwechselbaren Programm. Mit viel Liebe zum Detail wächst das Ruster Europa im Spaziergang- maßstab zusammen. Nach und nach entstehen die Niederlande (1984), England (1988), Frankreich (1990), Österreich und Skandinavien (1992), die Schweiz (1993), Spanien (1994), die Deutsche Allee (1996), Russland (1998), Griechenland (2000), Portugal (2005), Island (2009), Luxemburg (2016), Irland (2016) Liechtenstein (2023) und zuletzt Kroatien (2024).

Zu Kurzreiseziel entwickelt
In fünf Jahrzehnten ist der Europa-Park mit heute mehr als sechs Millionen Besuchern jährlich zum Marktführer geworden. Als einziger deutscher Freizeitpark erhält der Europa-Park bereits in den 1990er Jahren von der Stiftung Warentest die Note sehr gut: „Der Europa-Park in Rust bietet insgesamt das breiteste und qualitativ hochwertigste Angebot zu einem vertretbaren Preis.“ Auch in Sachen Nachhaltigkeit ist der Park ein Vorbild. Als einziger Freizeitpark hat er das Label „Green Amusement Park“ vom TÜV Süd erhalten.

Sogar zu äußerst erfolgreichen „Hoteliers des Jahres“ sind die Macks geworden. Zu dem Freizeitpark eigene Hotels zu bauen, stellte erneut ein echtes Wagnis dar. Wieder glaubten die Wenigsten an einen Erfolg: Wer will denn bei einem Freizeitpark übernachten? Doch die Betreiber-Familie wagte es in den 1990er Jahren trotzdem. Heute nennt sie sechs Themenhotels ihr Eigen. Es sind wahre Wohlfühloasen, die wesentlich dazu beitragen, dass der einst recht bescheiden gestartete Freizeitpark in der Provinz zu einem Kurzreiseziel geworden ist, das im Grunde mit Destinationen wie Mallorca konkurriert. Durch die hohe Hotelkapazität steigt die Zahl der Zwei- und Mehrtagesbesucher kontinuierlich und der Einzugsbereich erweitert sich. Davon profitiert die gesamte Umgebung. 

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Denn durch die Reise zum Europa-Park werden viele weitere Übernachtungen in der Tourismusregion Schwarzwald initiiert. Insgesamt übernachten inzwischen rund drei Millionen Menschen jährlich im Europa-Park Erlebnis-Resort oder aufgrund des Erlebnis-Resorts in der Umgebung bis Freiburg und ins Elsass.

Durch die erneute Pioniertat einer Winteröffnung 2001 als erstem deutschen Freizeitpark und aufgrund der Wasserwelt Rulantica hat sich die Ruster Freizeit-Welt schließlich zu einem ganzjährigen Reiseziel entwickelt. Zwei Jahrzehnte nahmen die Planungen und Abstimmungen mit Anwohnern sowie Behörden in Anspruch, ehe Ende 2019 neben dem Europa-Park ein sagenhafter Wasserpark seine Schleusentore öffnen konnte. Dort wird nicht einfach nur gebadet und gerutscht – vielmehr tauchen die Gäste auch noch in eine einzigartige Erlebniswelt ein, die sich um die sagenumwobene Insel Rulantica dreht.
 

Motor einer ganzen Region

Für die gesamte Region ist der Park ein Jobmotor. Mit über 5.000 Angestellten in der Saison ist das heutige Europa-Park Erlebnis-Resort einer der größten Arbeitgeber Südbadens. In den vergangenen Jahren ist die Unternehmensgruppe stetig gewachsen: Im Europa-Park, in der Wasserwelt Rulantica und in den verschiedenen Bereichen der Unternehmensgruppe finden Menschen aus der ganzen Welt ein berufliches Zuhause. Über 1.000 Mitarbeiter pendeln aus dem Elsass nach Rust. In der gesamten Region sind zudem über 8.000 Arbeitsplätze vom Park abhängig – vom Handwerker bis zum Dienstleister. Allein im vergangenen Winter arbeiteten über 700 Handwerker auf Baustellen in und um den Europa-Park. „In einer Phase, in der es der Bauindustrie nicht so gut geht, setzen wir ein positives Zeichen mit hohen Investitionen“, betont Roland Mack.

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Zum Erfolg seit 50 Jahren tragen viele Faktoren bei. „Ein Teil liegt darin begründet, dass wir auf dem Boden geblieben sind“, sagt der Park-Chef. „Wir haben unser Geld nicht an die Börse gegeben, sondern in das Unternehmen gesteckt.“ Außerdem prägen Qualitätsbewusstsein, Emotionen und Herzlichkeit die Strategie. Hinzu kommt eine besondere Offenheit. Der Europa-Park hat sogar Angebote wie die „Kirche im Europa-Park“ in sein Vergnügungsareal integriert, die nicht von vornherein mit einem Freizeitpark in Verbindung gebracht werden.
Der Waldkircher Stammbetrieb Mack Rides hat sich ebenfalls stetig weiterentwickelt und zählt heute zu den weltweiten Top Fünf der Achterbahn-Branche. Weihnachten 2007 wird Geschäftsführer Christian von Elverfeldt nie vergessen – an diesem Tag fiel die Entscheidung für den Bau des „Blue Fire Megacoasters“ im Europa-Park. „Davor haben wir reine Familien-Attraktionen gebaut, also sehr bodennah und ohne Überkopf-Elemente“, sagt er. „Der Blue Fire war ein echter Meilenstein.“ Inzwischen hat Mack Rides auch die neue Super-Achterbahn „Voltron Nevera“ für den Park gebaut, die bereits weltweit starke Beachtung findet.

Die achte Generation übernimmt
Der stärkste Erfolgsgarant ist die Familie Mack selbst geblieben. Vielen Familienunternehmen gehen irgendwann die Ideen aus – oder wer kennt noch die Nachfahren von Werner von Siemens, Robert Bosch oder Carl Benz? Nicht so in der Familie Mack. Mit Michael, Thomas, Ann-Kathrin und Frederik Mack übernimmt zunehmend die achte Generation das Ruder. Sie haben den Europa-Park in den letzten Jahren bereits zu einem weltweiten Trendsetter modernster digitaler Formen in der Freizeitpark-Branche werden lassen – so mit Virtual-Reality-Achterbahnen, der VR-Attraktion Yullbe, mit der die Besucher zu Mitspielern in digitalen Welten werden, oder dem Zukunfts-Restaurant Eatrenalin, das Multimedia-Content mit gastronomischen Spitzenleistungen verbindet. Die nächsten 50 Jahre werden der Familie Mack sicher wieder einige Wagnisse abverlangen – aber das Abenteuer Europa-Park geht immer weiter.

Christoph Ertz

Die Europa-Park Geschichte: veejoy.de
The old man and his dream: veejoy.de
Die weite Welt ist mein Feld: veejoy.de