Der Beginn des Europa-Park steckt voller heute fast unvorstellbarer Geschichten und erinnert an den Pioniergeist im Wilden Westen

Ein Architekt? Gibt es nicht! Ein Sicherheitsdienst? Fehlanzeige! Die Anfänge des Europa-Park erinnern ein wenig an den Pioniergeist im Wilden Westen. Freizeitparks kennt man damals in Deutschland und Europa noch kaum – woran sich also orientieren? „Zudem hat keiner an den Erfolg geglaubt“, wird Roland Mack nicht müde zu berichten. Nur die Familie Mack selber! Wie wahre Pioniere löst sie die Herausforderungen jener Jahre mit einer bravourösen Anpackmentalität.

Selber machen, eigene Wege finden, Zusammenhalten, immer weitermachen – darum geht es von dem Moment an, als Franz und Roland Mack die Idee zum Europa-Park ausgeklügelt und dafür im kleinen Fischerort Rust das passende Gelände in einem Schlosspark gefunden hatten. „

Da war ein Wald und Franz Mack zeigte, wohin etwas kommen sollte“, beschreibt Michael Scholz .„Einen Architekten hatten wir nicht.“
Als erster Mitarbeiter des Europa-Park ist Roland Macks Schulfreund von Anfang an mit dabei. Noch heute fungiert er als Beauftragter und persönlicher Berater der Familie Mack. „Der Senior (Franz Mack) war ein Visionär“, sagt Scholz. „Er hätte nicht angefangen, wenn er nicht genau gewusst hätte, was daraus werden konnte.“ In der rund zweijährigen Bauphase bis zur Eröffnung am 12. Juli 1975 packt Scholz überall mit an. Mithilfe von Firmen aus der Region werden fünf Kilometer Kanalisation und Wasserleitungsrohre verlegt, der Park bekommt eine eigene Kläranlage. Telefonleitungen kommen unter die Erde, genauso wie zehn Kilometer Stromkabel. Wege müssen verlegt werden, ein künstlicher See wird ausgebaggert.

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Der erste Mitarbeiter im Europa-Park war Michael Scholz, Schulfreund und Studienkollege von Roland Mack.

Über das dazugehörige Seerestaurant ist anfangs ein Zeltdach gespannt, das an die berühmte schwebende Dachkonstruktion des Münchner Olympiastadions erinnert. Allerdings hielt es bald einem besonders schneereichen Winter nicht stand und wurde von einer Spezialfirma aus Norddeutschland durch ein noch heute markantes Reetdach ersetzt. Aus einem der ersten Werbeprospekte geht hervor, dass zur Ausgestaltung des Europa-Park rund 75.000 Tonnen Erdreich bewegt und 15.000 Tonnen Beton verbaut worden sind.

Franz Mack tüftelt den Europa-Park selber aus
Scholz beaufsichtigt die Arbeiten im Park, während Roland Mack noch in Karlsruhe Maschinenbau studiert und Franz Mack tagsüber das Stammunternehmen in Waldkirch leitet. „Er saß aber jeden Abend und an den Wochenenden am Reißbrett und plante“, sagt der erste Park-Mitarbeiter. Scholz ist meist schon frühmorgens auf den Beinen – auch, um ungewöhnliche Helfer zur Baustelle in Rust zu bringen: „Freigänger aus dem Gefängnis Waldkirch haben als Bauarbeiter geholfen und Gleise verlegt oder Dächer gedeckt. Das waren zum Teil sehr gute Handwerker. Ich habe die morgens um fünf Uhr abgeholt. Ihren Lohn haben wir an den Staat bezahlt. Von uns haben sie ein Mittagessen, zu trinken und Tabak bekommen.“

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Noch im hohen Alter konstruierte Franz Mack die Eurosat-Achterbahn.

Schlechte Omen gibt es nicht
Als der Europa-Park schließlich seine Tore eröffnet hat, hilft die ganze Familie überall mit. „Alles, was zwei Hände und zwei Füße hatte, musste anpacken“, blickt Roland Mack zurück. Er avancierte zum Park-Chef, da der Schausteller Otto Tiemann, Franz Macks Partner und eigentlich als Betreiber vorgesehen, im Mai 1975 mit nur 46 Jahren überraschend verstarb. Am Eröffnungstag fährt Mack kurz der Schreck in die Glieder. Mit Ehrengast Rudolf Eberle (1926- 1984), Baden-Württembergs damaligem Wirtschaftsminister, hat er sich als Zugführer auf die „Westernbahn“ geschwungen, die noch heute eine beliebte Attraktion ist. Kurz nach dem erfolgreichen Start bleibt der Zug stehen, Roland Mack hatte wohl zu wenig Gas gegeben ... das sollte ihm in den kommenden 50 Jahren nie mehr passieren. Als schlechtes Omen erwies sich der kleine Fauxpas ebenfalls nicht. Mit viel familiärem Einsatz gelangte der Europa-Park quasi von Beginn an in seine Erfolgsspur. Im Schnitt kamen schon damals jeden Tag 3.000 Besucher. „Alle Verwandten haben mitgeholfen, sie haben Würstle verkauft oder andere Aufgaben übernommen, der Opa hat zum Beispiel Bier gezapft“, erläutert Marianne Mack, Roland Macks Ehefrau. Wenn Not am Mann war, schenkte auch Franz Mack Getränke aus oder wendete in der Küche die Schnitzel.

Geldrollen unter dem Bett
Marianne Mack ist vom ersten Moment voll engagiert. Ihren Beruf als Stewardess hat sie an den Nagel gehängt, um an der Seite ihres Mannes das Unternehmen mit aufzubauen. Mit ihrer Schwiegermutter Liesl sitzt sie oft an der Kasse. Gerade an dieser zeigt sich die mangelnde Erfahrung im Metier Freizeitpark – vieles wird improvisiert. „Wir hatten keinen Safe“, sagt Marianne Mack. „Abends haben wir die Münzen von Hand in Papier gerollt und in eine Kiste gepackt. Vor zehn, halb elf sind wir selten rausgekommen und dann noch ins Gasthaus Heckenrose nach Ringsheim gefahren. Da lag der Geldkoffer im Auto, danach kamen die Einnahmen bei den Schwiegereltern unters Bett und erst am nächsten Morgen zur Bank.“ Sicherheitsbedenken? „Gab es nicht“, so Marianne Mack weiter.

Mit ihrem Roland hat sie damals mitten im Park ein kleines Haus direkt am See bezogen. Dort war auch die erste Verwaltung untergebracht, die aus nicht einmal einer Handvoll Schreibtischen bestand. Die ersten Werbemaßnahmen waren ebenfalls bescheiden. So verteilte Roland Mack höchstselbst Prospekte in der Region. „Zudem sind Onkel Siggi und Onkel Heiner mit Werbeflugblättern zu Reisebüros und Hotels gefahren“, berichtet Michael Scholz. „Allerdings habe ich unser damaliges Marketing etwas behindert. Das Auto hatte eine Elefantenfigur auf dem Dach, die ich leider beim Parken abgefahren habe.“


Beschwerde aus Los Angeles
Weit problematischer hätte dagegen die Geschichte um eine bis in die Gegenwart äußerst beliebte Identifikationsfigur enden können. Ein eigens engagierter Grafiker hatte eine Maus als Maskottchen entworfen. „Kitty“ hieß das anfänglich etwas unförmige Exemplar, ehe 1977 die „Euromaus“ geboren wurde – durch einen Namenswettbewerb mit 10.000 Teilnehmern. Allerdings flatterte Roland Mack eines Tages ein bedrohliches Schreiben von Anwälten des Disney-Konzerns auf den Schreibtisch, die eine Ähnlichkeit mit Micky Maus monierten. Nur mit einem Flug nach Los Angeles konnte der Europa-Park-Gründer einen Rechtsstreit abwenden.

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Hindernisse gab es allerdings auch vor Ort zu bewältigen. „Es gab viele Probleme im Vorfeld mit den behördlichen Genehmigungen“, erklärt Roland Mack. „Es gab unendlich viele Einsprüche, Bürgerinitiativen. Der damalige Bürgermeister von Rust, Erich Spoth, hat uns aber unglaublich geholfen und hat mit mir alle Behörden abgeklappert, von der Naturschutzbehörde bis zum Straßenbau- und Wasserwirtschaftsamt.“ Zum Einleben in die Gemeinde Rust trug auch Michael Scholz erheblich bei. „Die Bürger wussten nicht so recht, was sie von dem Freizeitpark vor ihrer Haustür halten sollten“, erläutert er. Immer wieder erklärte er daher abends am Stammtisch und bei Vereinsversammlungen, was die Familie Mack in Rust auf die Beine stellt und was das für Rust bedeutet. „Ich habe den Europa-Park in den Gasthäusern bekannt getrunken“, lacht er im Rückblick auf die durchaus wilde Anfangszeit des Europa-Park.

veejoy.de

Christoph Ertz