Wie schon vor hunderten von Jahren

Einst galt Rust als Fischerdorf und auch heute noch hat die Fischerzunft Rust ihre Bedeutung

Sie heißen immer Gruninger, Hauser, Koch, Obert, Schwarz oder Sigg. So ist es schon seit 439 Jahren – denn die Satzung aus dem Jahr 1583 legt fest, dass nur die Söhne eines Mitglieds mit den genannten Namen im Alter von 21 Jahren in die Fischerzunft Rust aufgenommen werden können. Mit heute noch fast 80 Mitgliedern gehört sie nicht nur zu den ältesten, sondern auch zu den größten Zünften entlang des Rheins. „Wir sind aber nicht mehr nur Männer“, erklärt Zunftmeister Alexander Koch. „Inzwischen wurde an sechs Fischerwitwen das Zunftrecht ihrer verstorbenen Männer übertragen.“

Noch bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg war Rust ein Fischer- und Bauerndorf. Beide Berufsgruppen prägten die Geschichte des Ortes wesentlich mit und sind im Ortswappen mit Fisch und Pflugschar vertreten. Die Zunft genießt das Fischrecht auf der alten und der blinden Elz auf den Gemarkungen Rust und Kappel. Nur ihre Mitglieder dürfen dort angeln oder Netze auswerfen. Überwiegend Aal, Karpfen, Barsch, Rotaugen, Döbel, Hecht und Welse können in den Gewässern um den Europa-Park gefangen werden. „Aber auch Grundeln kommen immer mehr vor, die eigentlich nicht hier heimisch sind“, sagt Koch.

Fischer – ein Privileg
Berufsfischer sind die Zunftmitglieder allerdings schon lange nicht mehr. Der letzte Fischer aus Rust, der seinen Lebensunterhalt überwiegend mit Fischfang verdiente, hörte 1986 auf, nachdem ein Großbrand beim Basler Chemieunternehmen Sandoz zu einem großen Fischsterben im Rhein und seinen Nebenflüssen geführt hatte. Die Zunftmitglieder gehen heute allen möglichen Berufen nach, von Schreiner oder Fleischer über IT-Administrator und Apotheker bis Richter. Etwa zehn Fischer sind aber noch als Netzfischer mit Boot aktiv – in aller Regel für den Eigenverzehr. Allzu große Mengen holen sie nicht aus der Elz. „Es ist dennoch bis heute ein Privileg in Rust, Fischer zu sein“, betont der Zunftmeister. „Nur wir haben die Möglichkeit, Fisch für den Eigenverzehr zu fangen und auch zusätzlich zu verkaufen.“

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Fischer landen im Kerker
Was heute mehr oder weniger ein Hobby ist, war zu früheren Zeiten eine Frage der Existenz. Etwa bei Hungersnöten oder Ernteausfällen in der Landwirtschaft legte der Zunftmeister fest, wieviel Fisch auch Nichtzunftmitglieder aus dem Ort fangen durften, um zu überleben. Nur gemeinsam waren die Fischer stark, deshalb hatten sie die Zunft gebildet. Immer wieder mussten sie ihre Fischrechte verteidigen – besonders gegen die benachbarte Fischerzunft Kappel. „Einige Kappeler Fischer mussten in den Kerker, da sie den Ruster Fischern gefangene Fische abgenommen hatten“, berichtet Koch.

Heute fließt die Elz friedlich durch den Europa-Park und Rust. „Durch den Einsatz von Jungfischen verschiedener Arten achtet die Fischerzunft noch immer auf die Biodiversität im Fließgewässer und überwacht die Wasserqualität“, erläutert Koch die heutige Bedeutung der Zunft. „Ferner wacht sie über den Zustand der Wasserläufe.“ Er selbst bietet Bootstouren durch das Naturschutzgebiet Taubergießen an, in dem unter anderem Eisvögel beheimatet sind und seltene Orchideenarten gedeihen. „Dabei erhalten die Gäste auch ausführliche Erklärungen zur Fischerzunft“, sagt er.
Wer am ersten Septemberwochenende das Ruster Straßenfest besucht und im Festzelt der Fischerzunft vorbeischaut, kann zum Teil auch frisch zubereiteten Fisch aus der Elz genießen – gefangen von einem Fischer namens Gruninger, Hauser, Koch, Obert, Schwarz oder Sigg. So wie es in Rust schon seit vielen hundert Jahren üblich ist.

Weitere Informationen unter fischerzunft-rust.de oder taubergiessentour.de.

Christoph Ertz