Den wilden Wald entdecken

Neues Besucherzentrum für den Nationalpark Schwarzwald / Gebäude präsentiert sich mit spektakulärer Architektur / Handwerkliche Meisterleistung ermöglichte den Bau / In Baden-Württembergs erstem Nationalpark wird der Natur ihren Lauf gelassen

Zum krönenden Abschluss gelangt man im Besucherzentrum für den Nationalpark Schwarzwald auf einen schräg stehenden, mehr als 30 Meter hohen Aussichtsturm. Von diesem Skywalk aus schweift der Blick über Hügel und Wipfel weit hinaus in den Nationalpark – und man begegnet den umgebenden Baumkronen auf Augenhöhe. „Das ist ein grandioses Erlebnis“, ist der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei der Eröffnung begeistert. „Mitten im Wald, wie sie das reingefriemelt haben, da kann man nur größte Bewunderung haben.“ Er meint damit aber nicht nur den abschließenden Skywalk, sondern das Besucherzentrum in seiner Gänze. Schon wer es betritt, bekommt das Gefühl, er steht im Wald. Denn hinter einer Fensterfront erstreckt sich wie zum Greifen nah der Nationalpark Schwarzwald. 

Unter dem Motto „Eine Spur wilder“ wird dort auf einer Fläche von 10.000 Hektar der Natur ihren Lauf gelassen. Bäume kommen, Bäume vergehen: Im Nationalpark Schwarzwald zwischen Baden-Baden und Freudenstadt geschieht dies, ohne dass der Mensch eingreift. Wenn ein Baum abstirbt und fällt, wird er liegen gelassen. Totholz ist dann neuer Lebensraum – zum Beispiel für Ameisen und Schmetterlinge. Das 2021 eröffnete Besucherzentrum für den Nationalpark macht diesen Lauf der Natur architektonisch und inhaltlich auf eindrucksvolle Weise sicht- und erfahrbar.

Dies beginnt mit dem Gebäude selbst. Gelegen auf einer Höhe von 900 Metern am Pass Ruhestein bei Baiersbronn, scheint es sich an einen leicht abfallenden Hügel zu kleben. 

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Der Gebäudekomplex mit einer Nutzfläche von rund 3.000 Quadratmetern besteht aus acht riegelförmigen Baukörpern, die jeweils um die 60 Meter lang sind. Diese Riegel sind übereinandergeschichtet und quer sowie längs miteinander verschachtelt. Das Besucherzentrum sieht daher aus wie umgefallene Baumstämme nach einem Windwurf.

Handwerker schüttelten den Kopf
Um diesen Effekt zu erzielen, war auch eine handwerkliche Meisterleistung nötig. Der architektonische Blickfang besteht aus Holz und Stahl. Unter anderem 1.150 Kubikmeter Brettsperrholz, mehr als 200 Kubikmeter Brettschichtholz und 300 Tonnen Stahl wurden verbaut sowie rund vier Millionen Ankernägel vernagelt. 630.000 handgefertigte Fichtenschindeln aus heimischen Wäldern bedecken die Fassaden. Äußerst komplex waren die Anforderungen beim Tragwerk, das auf hohe Wind-, Erdbeben- und Schneelasten sowie „Baumwurf“ und hohe Luftfeuchtigkeit ausgelegt ist. Um solche Belastungen abzufedern, sind die Gebäuderiegel dort, wo sie aufeinanderliegen, beweglich mit Brückenfugen auf Wälzlagern gelagert. Damit die gesamte Konstruktion überhaupt an den Hang mitten im Wald gelangen konnte, waren aufwendige Vermessungen und millimetergenaue Präzision in der Produktion und Montage sperriger Bauteile nötig.

Dabei gingen Planer und Arbeiter sowohl mit Vorsicht als auch mit ungewöhnlichen Methoden vor. Während der rund vier Jahre dauernden Bauarbeiten war die oberste Vorgabe, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen. „Wir wollten viel Baumbestand erhalten und sind möglichst dicht an Bäume herangerückt“, erklären die Architekten Jörg Sturm und Susanne Wartzeck. Gebäudenahe Bäume wurden teilweise eingerüstet, damit sie nicht den Bautätigkeiten zum Opfer fallen mussten. Zeitweilig bog man sogar im Wege stehende Baumkronen per Seilwinde beiseite, damit ein riesiger Kran hindurch Bauteile zu den Arbeitern schweben lassen konnte. Manche Handwerker hätten aufgrund des Aufwands den Kopf geschüttelt, erinnert sich die Leiterin des Besucherzentrums, Ursula Pütz.

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Der Bau rückte möglichst nah an den Wald heran.

Heute führte das 2021 eröffnete Zentrum die Waldwildnis der Umgebung quasi in ihrem Innern fort. Dies geschieht zum einen dadurch, dass Holz unter anderen auch für das große Foyer sowie Vortrags- und Schulungsräume der alles dominierende Ausstattungsgegenstand ist. Auf diese Weise passend „eingekleidet“ präsentiert das Besucherzentrum aber vor allem mit einem Kino und einer Dauer- sowie Wechselausstellungen den Wald quasi zum Anfassen. Die Besucherinnen und Besucher können sehen und erleben, was passiert, wenn Natur Natur sein darf. Zudem sind komplexe ökologische Zusammenhänge allgemeinverständlich dargestellt.

Informationen werden lebendig
Die Dauerausstellung für Jung und Alt beschreibt den Kreislauf von Werden und Vergehen bis unter die Erde. Dafür werden sowohl traditionelle Darstellungsweisen als auch modernste digitale Vermittlungsformen eingesetzt. Naturszenen mit fast unzähligen Details zu Bäumen und anderen Pflanzen sowie Tieren sind dargestellt – es gibt unglaublich viel zu entdecken.

Dabei werden diese Dioramen etwa mit ausgestopften Luchsen und Spechten von Informationen über Touchscreens ergänzt. Die Seiten scheinen beim Umblättern regelrecht zum Leben zu erwachen. An etlichen weiteren Stellen gibt es Möglichkeiten, Dinge anzufassen und aktiv zu erleben. Ein Flugsimulator erlaubt es den Besuchern sogar, wie ein Raubvogel über dem Nationalpark zu kreisen. Die nachgebildeten Landschaften sind zudem nicht immer gleich. Die Lichtverhältnisse ändern sich, so dass der Eindruck verschiedener Tages- und Nachtzeiten entsteht. Untermalt ist der Rundgang von typischen Waldgeräuschen, wie dem Knarzen von Bäumen und Vogelgezwitscher. Die Ausstellung führt schließlich zu einem Gebäudeteil, das in die Erde gebaut wurde. Hier zeigt sie die Tier- und Pflanzenwelt im Erdreich.

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Heimat seltener Tiere
Spätestens wenn sie zum Abschluss auf dem Skywalk stehen und die Aussicht auf den Schwarzwald genießen, dürfte sich bei vielen Besuchern Bewunderung vor der Natur einstellen. Zum 1. Januar 2014 wurde der Nationalpark Schwarzwald als Baden-Württembergs erster und bislang einziger Nationalpark gegründet. Unter anderem der Dreizehenspecht und der schnellste Vogel der Welt, der Wanderfalke, sind hier ebenso zu Hause wie die kleinste Eule Europas, der Sperlingskauz. Auch der vom Aussterben bedrohte Auerhahn findet sich hier noch. Bäume, die in Wirtschaftswäldern meist nur ein Drittel ihres natürlichen Alters erreichen, dürfen im Nationalpark mehrere hunderte Jahre alt werden – bis sie Platz machen für die nachfolgende Generation. Der Nationalpark ist aber nicht nur Heimat und Raum für Tiere und Pflanzen, sondern auch für die Menschen. Gäste können Wandern, Radfahren, Wintersport betreiben oder einfach nur aus der Hektik des Alltags eintauchen in die Ruhe der Natur. „Wir möchten die Besucher gerne mit unserer Begeisterung für die Wildnis anstecken“, erklärt Ursula Pütz. „Und wir hoffen, dass die Leute dann auch ein stückweit achtsamer mit der Natur umgehen, wenn sie bei uns wieder herausgehen.“ Wer sich darüber hinaus noch mit dem Gebäude selbst und seiner Entstehung befasst, dürfte dazu noch einen gehörigen Respekt vor dem Handwerk mit nach Hause nehmen.

Christoph Ertz

Informationen
Das neue Besucherzentrum und der auf rund 900 Metern Höhe liegende Ruhestein sind ideale Startpunkte für eine Erkundung des Nationalparks Schwarzwald. Der Nationalpark bietet allerhand für Erwachsene und Familien mit Kindern, von Erlebnispfaden und Wanderwegen zum „Selbstentdecken“ über geführte Touren durch die wilde Schönheit des Schwarzwalds bis hin zu Übernachtungen im Trekking-Camp.
Das Nationalparkzentrum Ruhestein ist sowohl mit dem öffentlichen Nahverkehr als auch mit dem Pkw gut zu erreichen. Es liegt an der L87 zwischen Freudenstadt und Baden-Baden direkt an der Kreuzung, die nach Baiersbronn führt. Es wird auch von mehreren Regio-Buslinien angefahren.


nationalpark-schwarzwald.de

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