Mit Kelle und Kosmetik

Maurermeisterin und Miss-Kandidatin: Julia Schäfer möchte Vorbild für junge Frauen sein

Bevor Julia Schäfer morgens ins Geschäft geht, schminkt sich die 29-Jährige – ganz dezent. Eigentlich nicht ungewöhnlich, auf einer Baustelle sind Kajal oder Lippenstift aber doch eher selten. „Ich bin gerne Mädchen“, lacht die aparte junge Frau, die aber schon seit ihrer Kindheit nie so ganz in das Mädchen-Schema passte. Die Baustelle war ihr liebster Spielplatz, nicht nur geduldet, sondern sogar ermuntert von ihren Eltern und den Mitarbeitern im elterlichen Betrieb. „Ich durfte immer alles ausprobieren, aber auch daheim mit anpacken.”

In der Schule zählten Mathe und Physik zu ihren Lieblingsfächern, und irgendwann stand das Berufsziel Bauzeichnerin im Raum. Nach dem Wirtschaftsabitur absolvierte sie auf Wunsch der Mutter aber erst einmal eine Bürolehre („dann hast Du schon mal eine Basis“). Die Lehrzeit im elterlichen Handwerksunternehmen machte ihr jedoch klar, dass sie „auf den Bau“, in die Praxis, gehörte. Mit Zustimmung der Familie begann sie eine Maurerlehre – eine Exotin in einer reinen Männergesellschaft, die sich durchbeißen musste. „Ich war damals ultraschüchtern“, erzählt die heute sehr selbstbewusst auftretende Meisterin. „Je mehr ich spürte, wie viel Freude mir dieses Handwerk machte, desto sicherer wurde ich.“ Inzwischen hat sie auch längst ihren Meister gemacht.

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Sie habe sich damals aber schon eine oder zwei Kolleginnen gewünscht, sagt sie. Mittlerweile hat sie einige – immer noch wenige – Nachfolgerinnen gefunden. „Frauen auf dem Bau müssen natürlich körperlich fit sein, aber extrem schwer ist die Arbeit dank moderner Geräte nicht mehr.“ Und wenn wirklich einmal eine Last zu schwer sein sollte, fällt ihr kein Zacken aus der Krone, beziehungsweise aus dem Helm, wenn sie einen Kollegen um Hilfe bittet.

Maurermeisterin bei Miss-Wahl
Apropos Krone: Die strebte Julia Schäfer vor zwei Jahren tatsächlich an – bei einem Mädelsabend entstand die Idee, bei der Wahl zur „Miss Baden-Württemberg” teilzunehmen. „Sehr interessant“, beschreibt sie diesen Ausflug in die „Mädchenwelt“. Das professionelle Styling, das Training vor der Kamera und das gesamte Umfeld einer Miss-Wahl machten ihr viel Spaß, obwohl sie eigentlich sehr froh war, „nur“ Fünfte im Landesentscheid geworden zu sein. Als Siegerin im Miss-Germany-Finale hätte sie nämlich mindestens ein Jahr weder Mörtel noch Steine anrühren können, so viele Verpflichtungen wären mit dem Titelgewinn und dem Kampf um die „Miss Germany“-Krone verbunden gewesen.

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Diese Erfahrung aus einer ganz anderen Welt wird der engagierten Meisterin bei ihrem nächsten großen Projekt bestimmt von Nutzen sein. Um gerade jungen Frauen Einblick in ihr geliebtes Handwerk zu geben, aber natürlich auch Hobby-Handwerkern Feinheiten wie das Verschalen einer Treppe zu demonstrieren, plant sie eine Serie von Kurzvideos auf YouTube.

„Ich möchte damit anderen gern ein Vorbild sein, etwas Ungewöhnliches anzugehen. Für mich wäre es auch leichter gewesen, wenn ich in der Ausbildung eine Frau als Orientierungshilfe gehabt hätte“, meint sie. Ein großes Vorbild hatte sie – allerdings aus einer anderen Branche – aber neben ihrer Mutter doch noch: „Meine Oma war für ihre Zeit unheimlich emanzipiert und hat als Gastwirtin mehr als ihren Mann gestanden.“ Und selbstverständlich ist die Oma „megastolz“ auf die Enkelin mit Meisterbrief.

Irene Schröder