Vergangener Glanz – glänzende Zukunft

Baden-Baden setzt große Hoffnungen auf den „Welterbe“-Titel

Sommerhauptstadt Europas, Spielerparadies, elegantes Kurbad, architektonisches Juwel und eine einmalige Naturschönheit – Baden-Baden zählte im 19. und auch noch 20. Jahrhundert zu den Stätten, die sich heute mit dem Label „Sehnsuchtsort“ schmücken könnten. Versnobt, überaltert und irgendwie aus dem Zeitrahmen gefallen, nahmen gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts dagegen Kritiker die Kurstadt mit ihren rund 55.000 Einwohnern wahr. Zwar polierten die Kulturglanzlichter Festspielhaus und Museum Frieder Burda das Image kräftig auf, doch der entscheidende Impetus in Sachen Tourismus, Handel und Gewerbe fehlte. Die vom ehemaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth einst liebevoll-ironische als teure „Kurtisane an der Oos“ titulierte Stadt hatte es versäumt, mit ihren ererbten Pfunden zu wuchern.

Dieses Erbe hat es in sich: Ein wunderbar erhaltenes Stadtbild, der Kurpark mit der Lichtentaler Allee, die römischen Badruinen, Friedrichsbad und Caracalla-Therme, Kurhaus und Theater, Kloster Lichtental, Stiftskirche, Trinkhalle, Brenners Park-Hotel, um nur einige der Hochkaräter zu nennen, „im alten Schmuckkästchen, das nicht verstauben dürfte“, wie es die ehemalige Baden-Badener Oberbürgermeisterin Margret Mergen formulierte.

Ideen, die kostbaren Erbstücke zukunftsträchtig einzusetzen, gab es schon vor Jahrzehnten, als der Freundeskreis Lichtentaler Allee den Denkanstoß „Welterbe“ gab. Die Flaniermeile aus dem 19. Jahrhundert hatte jedoch als Solitär keine echte Chance im Wettlauf um den Titel. Aufbauend auf dem Erbe aus der Römerzeit entwickelte sich die Idee, mit dem Gesamtpaket „Heilung und Kultur” die Aufnahme in das UNESCO-Welterbe zu beantragen – und zwar nicht allein, sondern im Verbund mit zehn weiteren traditionsreichen Bäderkurorten Europas. Als „Great Spa Towns of Europe“ setzen sich neben Baden-Baden die deutschen Kurstädte Bad Ems und Bad Kissingen für Erhalt und Ausbau des „Spa“-Faktors ein. Dazu kommen Baden bei Wien in Österreich, Spa in Belgien, Franzensbad, Karlsbad und Marienbad in der Tschechischen Republik, Vichy in Frankreich, Montecatini Terme in Italien und City of Bath in Großbritannien.

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Ob Lichtentaler Allee, Museum Frieder Burda oder Brenners Park-Hotel: Baden-Badens mondänes Erbe ist ein Pfund für die Zukunft.

Vorbild für die Partner
„Unendlich viel Arbeit“ lag bereits hinter Stadtplanerin Lisa Poetschki und ihrem kleinen Team von der Stabsstelle Welterbe und Stadtgestaltung, als im Januar 2019 das 1.500 Seiten starke Antragsdossier bei der UNESCO eingereicht wurde. Fast zehn Jahre zuvor hatte der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner bei einer Tagung im Palais Biron die Federführung für das gemeinsame Projekt übernommen und damit auch die Stadtentwicklung auf einen neuen Kurs gesetzt. Der von der Stabsstelle ausgearbeitete Managementplan stellt die Weichen für eine konsequent am historischen Erbe ausgerichtete Stadtentwicklung – für die seit 1985 in der Stadtverwaltung tätige Poetschki ein Herzensprojekt. „Ich war von Anfang an von dieser außergewöhnlich Stadt fasziniert“, erzählt sie und nennt als ein Beispiel das Villengebiet, dessen Wertigkeit in die Antragstellung einbezogen wurde. Wie ein roter Faden ziehe sich die Arbeit der Stabsstelle durch die lange Zeit der Vorbereitung – und wird in Zukunft keineswegs weniger werden, denn am 24. Juli 2021 fiel im chinesischen Fuzhou bei der UNESCO-Welterbekommission die Entscheidung, die „Great Spa Towns of Europe“ in den erlauchten Kreis aufzunehmen.

Der in Baden-Baden entwickelte Managementplan soll auch den übrigen Städten als Orientierungshilfe für ihre Projekte im Straßen- oder Tiefbau dienen – immer das kostbare Erbe im Blick, das allerdings bei den Partnern doch teilweise weniger üppig ausfällt als an der Oos, wo Kultur, Natur, Gesundheit und Unterhaltung in fast einmaliger Konzentration ineinandergreifen.

Als werbeträchtiges „Gütezeichen“ wertet denn auch Tourismuschefin Nora Waggershauser den Welterbetitel. Die Kriterien habe die Stadt eigentlich schon immer erfüllt, meint sie und berichtet schmunzelnd, dass unmittelbar nach Bekanntwerden der Auszeichnung Besucher der Tourist-Info den verdutzten Mitarbeiterinnen zu ihrem Erfolg gratuliert hätten. Nachhaltiger Qualitätstourismus soll künftig noch mehr Gäste nach Baden-Baden locken. „In anderen Städten sind häufig nur einige wenige Attraktionen zu besichtigen“, stellt Waggershauser klar. „In Baden-Baden kann bei Spaziergängen die ganze Stadt erlebbar werden, Geschichte und Geschichten bieten viele Anreize, die Stadt entwickelt sich von der Kulisse zur Bühne.“

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Für das von Corona gebeutelte Hotel- und Gastronomiegewerbe sieht sie ermutigende Ansätze. Urlaubsbuchungen gingen vermehrt aus den nordischen Ländern ein, aber auch aus der Schweiz. Deutlich zugenommen hat laut Waggershauser auch der Anteil der Wohnmobil-Touristen.

Während asiatische Gäste nur vereinzelt registriert würden, haben die Amerikaner Deutschland und auch Baden-Baden wiederentdeckt – nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen. Gemeinsam wollen die elf Städte aus sieben Ländern aufbauend auf ihren europäischen Gemeinsamkeiten Marketingstrategien entwickeln, um das gemeinsame Erbe lebendig zu erhalten und auszubauen.

Irene Schröder

baden-baden.com