Das Gedächtnis der Region Baden

Die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe ermöglicht individuelles Lernen und Forschen / Auf dem Weg in das digitale Zeitalter

Es ist still. So still, dass schon das Umblättern einer Buchseite unangenehm auffallen würde. Aber Bücher sind in dem zentralen Arbeits- und Lernraum der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe an diesem Vormittag sowieso Mangelware. Der Lesesaal mit seinen rund 150 Einzelarbeitsplätzen und mehreren Gruppenarbeitsräumen dürfte zu den ruhigsten Orten der Fächerstadt gehören, obwohl bis zu 2.000 Besucher täglich die Angebote des imponierenden Gebäudes an der Erbprinzenstraße nutzen. Neben dem Leseraum mit seinen 54.000 nach Fachgruppen geordneten Bänden beherbergt die rein wissenschaftliche Bibliothek eine Fülle von Einrichtungen: das offene Magazin mit rund 450.000 ausleihbaren Monographien und Zeitschriften in scheinbar unendlichen Regalreihen, die Lesesaalsammlung mit ihren Kostbarkeiten wie historischen Handschriften, Inkunabeln, alten Drucken, Autographen und Nachlässen, die erst nach Anmeldung genutzt werden dürfen, den Recherchebereich oder die Leihstelle als zentrale Anlaufstelle für Ausleihen und die Ausstellung des Bibliotheksausweises, der beispielsweise den Zugang zur Recherche im Servicezentrum ermöglicht.

Mehrere „Bars“ laden zur Nutzung ein, aber nicht zum Alkoholgenuss: die „spielBar“ für sehr junge Besucher, die „studierBar“ mit Literatur zu den Themen Lernen, Recherchieren, Forschen, Schreiben und Präsentieren, die „benutzBar“ mit kostenfreiem Büromaterial und die „kaufBar“ – dem Shop mit Postkarten, Katalogen, Kunstdrucken und „Futter“ für „Leseratten“. Der Kommunikation und Entspannung dient die „blbLounge“ – aber bitte leise!
Nicht immer absolut ruhig geht es in der jüngsten Einrichtung zu: Im März wurde die „Lernwerkstatt“ eröffnet. Die flexible Möblierung ermöglicht Diskussionen und Gruppenarbeit, im Kalender der Landesbibliothek sind die Veranstaltungen der Werkstatt aufgeführt.

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Skulptur ohne Titel
Das Gelände beherbergt überdies noch eine weitere „Werkstatt“, in der es auch mal lebhaft zugehen kann und soll: Das auch außerhalb der Öffnungszeiten des Haupthauses geöffnete „Wissenstor“, ein Lehr- und Lernzentrum, bietet Räume für individuelles Lernen, einen kindgerechten Lernraum für Eltern, die von der Stober-Stiftung eingerichtete Werkstatt für Schulungen, eine Lounge sowie online buchbare Gruppenarbeitsräume. Wie ein „Wissenstor“ wirkt auch die von Per Kirkeby geschaffene Skulptur „Ohne Titel“, eine Backsteinmauer mit einer torähnlichen Öffnung. Zusammen mit den übrigen Kunstwerken trägt sie dazu bei, den Innenhof zu dem von Architekt Oswald Mathias Unger gewünschten „Garten der Kontemplation“ aufzuwerten.

Weniger um Kontemplation als um Unterhaltung auf hohem Niveau geht es bei den Veranstaltungen und Ausstellungen in der Landesbibliothek. Rund 180 Personen fasst der große Saal im Erdgeschoss, in dem jährlich rund 50 Abendveranstaltungen von der Lesung über den Poetry Slam bis zur Vorstellung von Neuerungenwerbungen stattfinden.


 

Nibelungen-Handschrift zu bewundern
Auch die Geschichte der über 500 Jahre alten Kultureinrichtung dürfte wenig bekannt sein: Gegründet von Markgraf Christoph I. von Baden entwickelte sie sich bis zu ihrer Zerstörung durch einen Bombenangriff im September 1942 zu einer bedeutenden Stätte der Forschung und Lehre. Der Vernichtung entkam unter anderem der Dienstkatalog der Bibliothekare, der 300.353 Titelkarten enthält. Als historische Quelle wird er von Forschern immer wieder angefragt, so dass er 2011 digital verfügbar gemacht wurde.

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Den Bogen zur Vergangenheit spannt das historische Zettelarchiv in einem Nebenraum des Lesesaals, das angesichts der heutigen Datenmengen irgendwie rührend wirkt. Unmittelbar an die Anfänge der Buchdruckerkunst knüpfen die 1.365 zwischen 1454 und 1500 entstandenen Inkunabeln an, deren Digitalisierung noch nicht abgeschlossen ist. Ebenfalls im digitalen Aufbau befindet sich der Bestand der rund 70.000 Autographen. Den weiten Sprung vom Pergament oder Papier auf den Bildschirm haben dagegen die rund 4.300 mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Buchhandschriften der Landesbibliothek bereits zu 80 Prozent geschafft. Ein Faksimile der Nibelungen-Handschrift C ist übrigens im Eingangsbereich des Lesesaals zu bewundern.

„Wir haben hier das Gedächtnis der Region Baden“, betont die Referentin für Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit, Barbara Bauer, die wissenschaftliche Bedeutung des Hauses, das dank seiner vielfältigen technischen Angebote gleichzeitig gegenwarts- und vor allem zukunftsbezogen arbeitet.

blb-karlsruhe.de

Irene Schröder


Das Nibelungenlied
Die berühmte Handschrift C des Nibelungenliedes befindet sich seit 2001 als Eigentum der Landesbank Baden-Württemberg und der Bundesrepublik Deutschland in der Badischen Landesbibliothek. Sie ist das älteste Textzeugnis des um 1200 entstandenen Epos und von der UNESCO als Weltdokumentenerbe ausgezeichnet.