Netzwerke und private Initiativen immer wichtiger

Das Handwerk ist Partner der Energiewende, allerdings besteht bei den Betrieben ein hoher Aufklärungsbedarf. Die Handwerkskammer Karlsruhe vermittelt Wissen und Experten

Die Klimaziele der Bundesregierung sind ambitioniert – und bedeuten für das Handwerk viele Chancen, aber ebenso auch Herausforderungen. Bereits heute arbeiten nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) etwa 450.000 Handwerksbetriebe mit fast 2,5 Millionen Beschäftigten in knapp 30 Gewerken täglich in fast allen Bereichen am Erfolg der Energiewende mit. Die Unternehmen setzen den Umwelt- und Klimaschutz um, sei es im Bau- und Ausbaubereich, an der Gebäudehülle, in der Anlagen- und Gebäudetechnik oder beim Netzausbau, bei der Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Quellen oder der Umsetzung nachhaltiger Mobilitätslösungen. 

Das gesamtgesellschaftliche Großprojekt führt in der Praxis allerdings auch zu einem hohen Beratungsbedarf. REPORT hat bei der Umweltberaterin der Handwerkskammer Karlsruhe, Ute Matysek, nachgefragt, welche Themen den Betrieben besonders unter den Nägeln brennen und was sie beachten sollten.

Ute Matysek
ist bei der Handwerkskammer Karlsruhe als Umwelt- und Energieberaterin für Handwerksbetriebe tätig. Zudem ist die Diplom-Ingenieurin für Projekte und Netzwerke im Umweltbereich zuständig.

Wo ist der Bedarf in der Umweltberatung für die Betriebe am größten?
Ute Matysek: Annähernd 25 Prozent aller Anfragen bei uns – und damit die meisten – drehen sich um Energieberatung und zum The- ma Erneuerbare Energien. Besonders häufig wird nach Förderprogrammen gefragt: für den Betrieb, aber auch für die Kunden. Bei der Förderung energetisch sinnvoller Investitionen könnte vieles noch verbessert werden. Sie sollte sich generell nach dem mit der Sanierung eingesparten CO2 ausrichten. Die Unternehmen beschäftigen sich außerdem zunehmend mit der Energieeinsparung im eigenen Betrieb. Dabei lässt sich durch unsere Beratung der CO2-Fußabdruck beziehungsweise die Klimabilanz ganz konkret verbessern.

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Wie funktioniert das?
Matysek: Im ersten Schritt werden vor Ort Arbeitsabläufe, technische Einrichtungen und Anlagen auf Einsparmöglichkeiten hin überprüft. Daraus ermitteln wir den CO2-Fußabdruck eines Betriebs. Ziel ist es, den Betrieb zu sensibilisieren, auf klimaschonende Ressourcen zu setzen, um möglichst klimaneutral zu werden. Damit lassen sich auf Sicht auch erhebliche Kosten einsparen. Für nicht vermeidbare CO2-Emissionen ist es optional möglich, durch den Erwerb von entsprechenden Klimazertifikaten die Klimabilanz auszugleichen.

Welche weiteren Angebote finden die Betriebe bei der Handwerkskammer?
Matysek: Seit 2013 haben wir mehr als 100 kostenfreie Veranstaltungen zu Umwelt- und Energiethemen durchgeführt, mit insgesamt etwa 1.500 Teilnehmern. Die Themen reichten vom CO2-Fußabdruck über Wärmedämmsysteme bis zur PV-Speicherung. Auch bieten wir jährlich zwei bis drei Sachkundekurse über Asbest an. Das ist auch bei energetischen Sanierungen ein wichtiges Thema. Auch wenn Asbest nicht mehr eingesetzt werden darf, kann er im Zuge von Arbeiten an asbestbelasteten Bauteilen freigesetzt werden und ist damit weiterhin eine Gefahr, wenn man nicht sachgerecht damit umgeht.

Eine immer größere Rolle scheinen auch Netzwerke zu spielen.

Matysek: Absolut, vor allem in der Region Karlsruhe ist die Handwerkskammer an vielen Netzwerken aktiv beteiligt, so im Fachbeirat von Energieagenturen und als Mitglied von „fokus.energie“ sowie bei der „Klimaallianz Karlsruhe“. Letztere ist eine freiwillige Kooperation zwischen der Stadt und Unternehmen, mit der die gemeinsame Zusammenarbeit intensiviert und die Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützt werden. Im Verein „fokus.energie“ tauschen die Mitglieder Visionen und Erfahrungen zur Umsetzung von Innovationen aus. Mit dem „Arbeitskreis Klimaschutz und Fairtrade“ im Landkreis Calw, der unter anderem konkrete Maßnahmenvorschläge zum Klimaschutz entwickelt, sowie in Pforzheim und im Enzkreis gibt es ebenfalls diverse Kooperationen in Netzwerken.

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Eine sehr bedeutende Rolle spielen die Energieagenturen. Es gibt davon fünf in unserem Kammerbezirk, so beispielsweise die „KEK Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur“. Sie sorgen für Informationen der Bürger zu allen Themen rund um Energie, aber auch von Betrieben im Bereich Ressourceneffizienz. Über die Energieagenturen erfolgen zudem die Akquise von Fördermitteln für regionale Projekte, viele gemeinsame Veranstaltungen und Projekte sowie die konkrete Entwicklung beispielsweise von Wärmekonzepten für Wohnquartiere, die dann ja auch von unseren Betrieben umgesetzt werden.

Weitere wichtige Akteure sind Bürgerenergiegenossenschaften – was hat es damit auf sich?
Matysek: Es gibt eine immer größer werdende Gemeinschaft von Bürgerinnen und Bürgern, die die Energiewende selbst in die Hand nehmen beziehungsweise ihren Beitrag leisten will. Eine Möglichkeit dazu sind Bürgerenergiegenossenschaften. So hat die „Bürger Energiegenossenschaft Kraichgau“ mit ihren mehr als 500 Mitgliedern seit 2010 bereits neun Nahwärme- und Ladepunkteprojekte sowie Quartierskonzepte auf den Weg gebracht. Oder von der „Bürger Energiegenossenschaft Durmersheim“ wurden bereits 17 Photovoltaik-Anlagen gebaut und von der „Bürger-Energie Region Mühlacker“ sechs Windkraftanlagen. Die „Bühler Bürger Energiegenossenschaft“ mit rund 450 Mitgliedern hat seit ihrer Gründung vor rund zehn Jahren 14 Photovoltaik-Anlagen und ein Laufwasserkraftwerk verwirklicht. Das sind nur ein paar Beispiele von vielen. Die Bürgerenergiegenossenschaften sind für Handwerksbetriebe als Auftraggeber sehr interessant. Sie sind zuverlässig, mit ausreichend Kapital ausgestattet und vergeben in der Regel größere Aufträge.

Christoph Ertz


Kontakt
Ute Matysek:
Telefon 07231 428068-388 und E-Mail an matysek@hwk-karlsruhe.de

fokusenergie.net

Energiegenossenschaften
Laut Studien gibt es bereits rund 900 Energiegenossenschaften mit insgesamt mehr als 200.000 Mitgliedern in Deutschland. Sie fördern Photovoltaik-Dächer, Photovoltaik-Freiflächenanlagen, Windenergieanlagen oder Windparks und auch Carsharing oder Wärmenetze. Als Zusammenschluss vieler Gleichgesinnter können sie Projekte stemmen, die einzelnen nicht möglich sind. Die Genossenschaft sammelt Geld ein und gibt dann Anteile an die Mitglieder aus. Jedes Mitglied hat grundsätzlich Anspruch auf Auszahlung einer jährlichen Dividende. Im Südwesten gehören 150 Energiegenossenschaften dem Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband an. Das gemeinsame Engagement fördert nicht nur die Energiewende, sondern in der Regel auch die lokale Wirtschaft. Bei den meisten Projekten werden nämlich Handwerksbetriebe, Dienstleister und auch Banken vor Ort einbezogen.