Im Dialog mit dem Handwerk

Kai Gniffke, Intendant des SWR, im Gespräch über Wertschätzung, Programmvielfalt und Zukunftsperspektiven im medialen Wandel

Der SWR ist ja selbst ein großer Arbeitgeber für Handwerksberufe. Wie wichtig schätzen Sie das Handwerk für die Wirtschaftskraft im Land ein?
Kai Gniffke: Das Handwerk ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, das Handwerk schafft Arbeits- und Ausbildungsplätze und jeder von uns hat bereits die Dienstleistungen von gut ausgebildeten Fachleuten in Anspruch genommen, ohne sie geht’s nicht. Und auch im SWR geht es nicht ohne: Wir beschäftigen unter anderem Maskenbildnerinnen und Maskenbildner sowie Tontechnikerinnen und Tontechniker, Köchinnen und Köche, die für unsere tägliche Arbeit essenziell sind.

Für das Handwerk ist der SWR als eines der wichtigsten Medien von großer Bedeutung. Welche Rolle spielen Themen aus dem Handwerk für den SWR?
Gniffke: Eine ziemlich große. Und das ist jetzt keine Anbiederung, wenn ich sage: Uns ist unsere Verantwortung bewusst, die Vielfalt und gesellschaftliche Bedeutung des Handwerks abzubilden und aufzuzeigen. Das tun wir natürlich über die aktuelle Berichterstattung aus unseren Regionalstudios, in unseren „SWR Aktuell”-Nachrichten und auf unseren Hörfunkwellen – aber auch weit darüber hinaus. Zentral ist dabei das Format „SWR Handwerkskunst”: Hier zeigen leidenschaftliche Handwerkerinnen und Handwerker, wie man Tradition und Nachhaltigkeit lebt. Mit den Filmen begeistern wir vor allem junge Leute: „Wie man ein echt gutes Brot backt”, „Wie man einen Dachstuhl zimmert” oder „Wie man ein Hoftor schreinert” sind unter den Spitzenreitern mit Abrufen in Millionenhöhe, auch in der ARD-Mediathek. Mit „German Handwerkskunst“ haben wir einen Tiktok-Kanal dazu aufgelegt, in der Mediathek gibt‘s eine kindgerechte „Handwerkskunst“-Edition.

In „planet schule“ gab es vor einiger Zeit einen Schwerpunkt über die Traditionsberufe des Schwarzwalds: über Waldarbeiter und Flößer, Köhler, Bergleute und Glasbläser, Schwarzwaldbauern und Uhrmacher. Auch hier gehen Region, Handwerk und Tradition in unseren Programmen Hand in Hand.

Das Handwerk ist auch im Radio bei SWR1, SWR-Kultur oder SWR3 präsent, zum Beispiel als „Top-Thema“ zum Heizungsgesetz. Unsere ganz jungen Leute setzen in den „DASDING vor Ort“-Kanälen spannende Geschichten auf Instagram um, zum Beispiel über eine Sattlerin in Karlsruhe, Metzger-Azubis aus Indien in Freiburg oder den Handwerks-Influencer Ben aus Landau, um nur einige zu nennen.

Wie steht es um die SWR-Standorte Baden-Baden und Karlsruhe? Es gibt ja immer wieder Befürchtungen einer „Ausdünnung“.
Gniffke: Ganz offen gesagt spielen Standort-Fragen künftig für den SWR eine untergeordnete Rolle. Natürlich sind das Funkhaus Baden-Baden und das Studio Karlsruhe des SWR beide enorm wichtig, aber an allen Hauptstandorten wird es Veränderungen geben müssen. Der SWR arbeitet an einem Zukunftskonzept für Bewegtbildproduktion, das Studioflächen effizient nutzt und Produktionsweisen modernisiert. Die Medien wandeln sich rasant und wir müssen dranbleiben und neue Zielgruppen im Digitalen versorgen. Wir haben schließlich einen Auftrag zu erfüllen. Unser Programm muss nachhaltig bewirtschaftet, die Produktion optimiert und Freiraum für neue Angebote geschaffen werden. Die Kolleginnen und Kollegen lernen ihr Handwerk am Standort Baden-Baden mit Stationen in Stuttgart und Mainz. Je nach Bedarf bilden wir auch Elektronikerinnen und Elektroniker für Betriebstechnik in Baden-Baden aus.

Apropos Baden-Baden: Von dort senden wir die Hörfunkwellen SWR2, SWR3, DASDING und „SWR Aktuell Radio” und betreiben das Audionachrichtenzentrum. Das jährliche „SWR3 New Pop Festival” strahlt von der Kurstadt weit über die Landesgrenzen hinaus. Und: In Baden-Baden ist das „ARD AudioLab” angesiedelt: Es entwickelt für die Gesamt-ARD zukunftsweisende Themen der Audionutzung mit. In den Studios produzieren wir Hörspiele und Podcasts. Alles starke Standbeine des SWR vor Ort, genau wie der Neubau des Medienzentrums Baden-Baden.

Wie wichtig ist Ihnen der Dialog mit dem Handwerk?
Gniffke: Der Dialog mit dem Handwerk ist für uns sehr wichtig. Er lebt durch unsere Verortung in der Regionalität: Wir sind nah an den Menschen, vor allem durch unser dichtes Netz aus Regionalstudios und Korrespondentenbüros im Land. Menschen aus der Region berichten und produzieren für die Region, das wird von uns ganz selbstverständlich und zurecht erwartet und wir nehmen unsere Verantwortung da sehr ernst. Wir sind umgekehrt auch dankbar, dass wir im Handwerk in großem Umfang als verlässlicher Nachrichtengeber sowie als Informations-, Weiterbildungs-, Service- und Unterhaltungsmedium wahr- und angenommen werden. Was wir machen, ist also definitiv keine einseitige Angelegenheit, sondern im wahrsten Wortsinn ein Dialog.

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Das SWR-Funkhaus Baden-Baden.

Haben Sie einen persönlichen Bezug zum Handwerk?
Gniffke: Wer hat das nicht? Von der Brezel am Morgen, die ich mir gönne, bis zum Haarschnitt (der bei mir, zugegebenermaßen, etwas kurz ausfällt) oder der Gewissheit, dass, wenn ich mich aussperre, ein fähiger Schlosser oder eine Schlosserin mir wieder Zugang verschafft, bin ich sehr dankbar für jeden Handwerker und jede Handwerkerin, die ihr Handwerk verstehen.

Horst Koppelstätter