Ulrike Folkerts beim „Green Shooting"

Südwest-„Tatorte" haben ihr festes Quartier in der Baden-Badener Cité

Unter idealen Bedingungen wäre Lena Odenthal im Dienstwagen fast zwei Stunden unterwegs, um bei den Stuttgarter Kollegen vorbeizuschauen. Sollten die beiden Kriminalkommissariate jemals bei einem „Tatort“-Fall gemeinsam ermitteln, müsste Ulrike Folkerts nur zwei Stockwerke überwinden. Wären dann noch die Schwarzwälder Kollegen gefragt, könnten sie sich ebenfalls in Minutenschnelle einfinden, denn alle drei Dienststellen befinden sich unter einem Dach in der Baden-Badener Cité. Auf rund 1.100 Quadratmetern Fläche werden seit 15 Jahren die SWR-„Tatorte“ gedreht.

Die Zuschauer erkennen die unterschiedlichen Arbeitsplätze sofort: Ludwigshafen wirkt ein wenig altmodisch, im leicht chaotischen Freiburger Büro stehen schon mal Gummistiefel herum, geradezu elegant ist dagegen das Stuttgarter Quartier eingerichtet. Schmunzelnd erinnern sich „Tatort“-Veteranen an die Folgen mit „Kommissar Bienzle“, dessen „Büro“ in den ersten Jahren des Schwaben-Krimis im Flur vor dem Büro des damaligen Verwaltungsdirektors und späteren Intendanten Peter Boudgoust aufgebaut wurde. Gemeinsam genutzt werden die Rechtsmedizin und der Verhörraum. Nebenräume lassen sich relativ unkompliziert in Zellen oder wie beim vorhergehenden Schwarzwald-Fall „Das geheime Leben unserer Kinder“ in ein heruntergekommenes Pensionszimmer mit Stockbetten und Kondomen auf dem Waschbecken umgestalten.

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Auch Richy Müller (rechts) und Felix Klare vom Stuttgarter „Tatort“ arbeiten viel in Baden-Baden.

Durch einen separaten Gebäudeeingang gelangen Mordopfer, Ermittler und Pathologen in die Rechtsmedizin, deren Originalausstattung ein findiger Mitarbeiter aus dem Produktionsteam bei einer Klinikauflösung erwerben konnte.

Sechs Fälle klären die drei Südwestrundfunk-Teams im Rahmen der ARD-„Tatorte“ pro Jahr auf: Sechs Wochen Vorbereitungszeit sind Standard für die Gewerke der Handwerker, die am Bühnenbau beteiligt sind. Die Szenenbildner, die Redaktion und die Produktion sind schon viel früher im Einsatz. Außenrequisiteure beginnen fünf bis sechs Wochen vor Drehbeginn, die Kollegen von der Innenrequisite kommen etwa drei Wochen später dazu. Fünf Wochen Dreharbeiten und sechs Monate Postproduktion werden pro Folge angesetzt. An guten Tagen beträgt der „Output“ von neun bis zehn Stunden Dreharbeiten vier oder fünf Minuten Film.

Viele Handwerker am Set
„Eigentlich ist hier dauernd Werkstattbetrieb“, erklärt Annette Gilcher von der SWR-Abteilung Presse und Public Affairs. Wände werden hochgezogen oder versetzt, Kabel verlegt, Scheinwerfer montiert. Szenenbildner, Requisiteure, Bühnenmeister, Beleuchtungsmeister, Toningenieure und viele andere Handwerker und Techniker werden regelmäßig am Set benötigt, damit Regie und Schauspieler arbeiten können. An aufwändigeren Sets oder komplizierteren Drehtagen kommen noch Stuntleute, Spezialisten für visuelle Effekte, Komparsenführer und Standfotografen dazu. Bei Dreharbeiten mit Kindern werden zusätzliche Coaches eingesetzt. Dafür geht es manchmal ziemlich eng zu, wenn sich in einer Büro-Szene bis zu 20 Nicht-Schauspieler in einer Ecke drängen, um ja nicht ins Bild zu geraten.

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Um beispielsweise eine „Leiche“ zu präparieren, ist viel Handarbeit nötig.

„Es sind aber schon optimale Drehbedingungen, auch unter dem Aspekt des Green Shootings“, betont Gilcher. Kulissen müssen nicht ständig neu aufgebaut werden, sondern „nur“ bis ins i-Tüpfelchen mit den vorangegangenen Einstellungen übereinstimmen. Eingefleischte „Tatort“-Fans würden nämlich sofort Abweichungen erkennen. Lange Anfahrten vom Sender zum Drehort entfallen ebenso wie das Aufstellen von Wohnwagen samt mobilen sanitären Anlagen, es gibt Strom und Wasser und sogar Garderoben für die Schauspieler – ein nicht immer selbstverständlicher Luxus. Das Catering wird an Firmen vergeben, denn die Kommissariatsküchen wirken zwar „echt“, sind aber, wie fast alles, nur täuschend gut gemachte Kulisse. Für relative Licht- und Wetterunabhängigkeit sorgen Jalousien an den großen Fenstern, die ansonsten auch mal schöne Ausblicke in die Baden-Badener Umgebung ermöglichen.

Als vor einigen Wochen das Stuttgarter Trio (Richy Müller, Felix Klare und Jürgen Hartmann) unter der Regie von Rudi Gaul den „Tatort“ mit dem Arbeitstitel „Vergebung“ drehte, kam auf die Maskenbildnerei eine besondere Herausforderung zu: Das Opfer, Inhaber eines ländlichen Installateur-Handwerksbetriebs, wird nämlich als Wasserleiche aus dem Neckar gefischt und bietet keinen erfreulichen Anblick. Von der Qualitätsarbeit in der „Maske“ werden sich die Zuschauer allerdings erst bei der Ausstrahlung im nächsten Jahr überzeugen können.

Irene Schröder 

daserste.de

 

 

„Green Shooting“

Die MFG Baden-Württemberg (Medien- und Filmgesellschaft) beschreibt mit dem Begriff „Green Shooting“ (das grüne Drehen) möglichst ressourcenschonende Produktionsmethoden in der Filmherstellung. Mit den Maßnahmen sollen die – vor allem bei aufwändigen Filmproduktionen – verursachten Emissionen deutlich reduziert werden.

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