Generation Digital sorgt für frischen Wind

Junge Handwerkerinnen und Handwerker wagen in unterschiedlichsten Bereichen den Sprung in die Selbstständigkeit. Sie betonen Traditionen – und setzen zugleich auf moderne Techniken sowie Methoden. Vier junge Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Kammerbezirk be- richten über ihre Erfahrungen

Welcher Elektromeister hätte vor 20 Jahren gedacht, dass Steckdosen, Türen und Rauchmelder einmal untereinander vernetzt und mit einer App gesteuert werden können? Philipp Stiebritz hat den Wandel von Anfang an miterlebt. „Viele Geräte lassen sich heute über WLAN steuern“, erklärt er. „Dennoch steigt im gewerblichen und öffentlichen Bereich der Aufwand, da Gebäude mit Brandmelde- sowie Sprachalarmierungsanlagen und Mess-, Steuer- und Regelungstechnik ausgestattet werden.“ Mit Anfang 20 machte Stiebritz 2006 seinen Elektrotechnikermeister. Acht Jahre später konzentrierte er sich voll aufs eigene Unternehmen, das er schon 2007 für den Nebenerwerb gegründet hatte.

Seine Firma „Stiebritz Elektro- und Gebäudetechnik“ aus Pfinztal bei Karlsruhe beschäftigt inzwischen 15 Mitarbeiter. Kunden sind Unternehmen und die öffentliche Hand. Gebäude- und Sicherheitstechnik sowie schnelle Daten- und WLAN-Netzwerke zählen zu den Leistungen. Was wie eine gradlinige Karriereplanung aussieht, verlief aber nicht ganz so. „Eigentlich war ich sowohl nach der Berufs- als auch nach der Meisterschule gesättigt“, beschreibt Stiebritz. „Jedoch hat es mich nie losgelassen, die Dinge bis ins Detail zu durchdenken. Irgendwann kam der Auftrag, ein altes Industriegebäude in ein Büro umzubauen.“ Da das im Nebenerwerb nicht mehr leistbar war, wagte er ganz und gar den Sprung in die Selbstständigkeit – und hat es nicht bereut.

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Mit seinen Mitarbeitern setzt er mittlerweile komplexe Anforderungen um, so wie beim Karlsruher Regierungspräsidium. „Ursprünglich ging es nur um die Nachrüstung von Datenanschlüssen und einigen Steckdosen“, erläutert Stiebritz. „Dann kam noch die komplette Erneuerung der Elektroverteiler hinzu, da die Installation aus den 1960er Jahren plötzlich doch nicht mehr passte.“ Gerade solche Herausforderungen seien spannend.

Ein Anliegen ist ihm auch, sein Handwerk mit modernem Marketing zu vertreten. Als er einen Aufruf zur Imagekampagne des Handwerks las, schickte er ein Bewerbungsvideo an den Zentralverband des Deutschen Handwerks und machte anschließend dafür Werbung, dass man auch nach einer Ausbildung noch ein Studium machen kann. „Mehr noch für die Personalbeschaffung als für den Kundenauftritt ist es sehr wichtig, sein Unternehmen modern und einladend zu präsentieren“, beschreibt er Unterschiede zu früheren Zeiten. „Heute hat man zudem viele Werkzeuge, die die Arbeit erleichtern. So trägt jeder die Pläne auf dem Smartphone mit sich und kann mal schnell etwas nachschauen oder ein Foto zur Klärung schicken.“

Stiebritz Elektro- und Gebäudetechnik
s-elektro.de

Törtchen zum Reservieren
Mit zeitgemäßen Methoden bereichern auch Miriam und Sven Ludwig ein Handwerk, dessen Wurzeln in Mitteleuropa bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen, als die Venezianer modellierfähiges Marzipan mitbrachten. Seit 2012 hat sich ihre „Pâtisserie Ludwig“ zu einer süßen Karlsruher Institution mit zwei Läden, 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie überregionalem Renommee entwickelt. Bei der Fernsehshow „Das große Backen – Die Profis“ holten sie Silber, auch ein Backbuch hat das umtriebige Unternehmerpaar bereits veröffentlicht. Nach traditionellen Rezepten werden von ihnen Törtchen, Eclairs und Croissants handgefertigt. Zarte Macarons und edle Pralinen runden das Angebot ab.

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„Die handwerklichen Traditionen sind uns wichtig“, betont Sven Ludwig – und fügt hinzu: „Gleichzeitig gehen wir kreative Wege, beispielsweise um dem Trend zu zuckerreduzierten Produkten zu begegnen. Wir arbeiten daher an Rezepturen, die weniger Zucker enthalten und dennoch den gleichen Geschmack aufweisen.“ Auch beim Verkauf agiert die „Pâtisserie Ludwig“ auf der Höhe der Zeit: Im Online-Shop können die Kunden Angebote aus dem Portfolio bequem nach Hause bestellen – oder für die Abholung reservieren. „Heutige Unternehmen im Handwerk unterscheiden sich von früheren Generationen vor allem durch ihre Offenheit für neue Technologien“, sagt Ludwig. „Unsere Patisserie ist so geworden, wie wir es uns vorgestellt haben“, zieht er ein Fazit nach einem Jahrzehnt.

Pâtisserie Ludwig
patisserie-ludwig.de

„Ich erschaffe Charaktere“
Noch am Anfang steht dagegen Sandra Koch. Mit ihren vielen Tätowierungen setzt sie sich schon äußerlich von der Allgemeinheit ab. Im September 2022 hat sie in Karlsdorf-Neuthard bei Bruchsal ihr eigenes Geschäft eröffnet – in einer vermeintlichen Männerdomäne. „Wild Child Barbering“ heißt ihr Barbershop, in dem nur Männer bedient werden. „Zu wild, zu verrückt“: Das hörte sie oft, sie solle sich anpassen – doch schon lange hält sie es mit Marilyn Monroe: „Ich habe nichts dagegen, dass unsere Welt eine Männerwelt ist, solange ich die Frau darin bin ...“

Seit der Ausbildung vor mehr als zehn Jahren ist sie auf Herrenfrisuren spezialisiert. „Es gibt zu wenige Wellness-Bereiche für den Mann“, betont Koch. „Eine kleine Auszeit, wo Mann, Mann sein und sich bei einem kühlen Bier und guten Gesprächen aufhübschen lassen kann. Jeder Mann ist einzigartig, das herauszuholen, ist meine Berufung: Ich schneide keine Haare, ich erschaffe Charaktere.“ Aber würde sie nicht besser nach Hamburg oder Berlin passen? Nein, Sandra Koch geht ihren eigenen Weg: „Ich bin kein Stadtmensch, auch wenn man es mir vielleicht nicht ansieht.“ Der Schritt zum eigenen Geschäft lohne sich bereits: „Wer etwas mit Herzblut macht und sich selbst treu bleibt, der wird immer Erfolg haben.“

Wild Child Barbering
wildchildbarbering.de

Schuhe aus dem 3D-Druck
Denis und Boris Wald teilen diese Überzeugung – auch wenn sie sich einem deutlich nüchterneren Metier als der Verschönerung von Männerköpfen verschrieben haben: der Gesundheit von Knochen, Gelenken und vor allem Füßen. 2006 haben sie „Orthopädie & Schuhtechnik Wald“ gegründet. Im Vorläuferunternehmen arbeitete der Vater als Geselle, der Inhaber hatte keinen Nachfolger, da griffen sie kurzentschlossen zu. 23 war Denis Wald damals, sein Bruder sogar erst 18. „Niemand redete rein“, sagt Denis Wald. Das war von Anfang an ein Plus. Er ist Orthopädietechniker-Meister, der Bruder Orthopädieschuhmacher-Meister. Durch die unterschiedlichen Qualifikationen decken sie von der Halskrause abwärts bis zu Orthesen nahezu alle orthopädietechnischen Lösungen ab. „Wir stehen aber nur noch selten in der Werkstatt“, beschreibt Wald. Während die Brüder mehr das Qualitätsmanagement und die Beratung von jährlich rund 20.000 Kunden abdecken, übernehmen einige der inzwischen 22 Mitarbeiter in ihren beiden Fachgeschäften in Baden-Baden und Ettlingen die handwerklichen Tätigkeiten.

Auch Mutter und Vater sind im Familienbetrieb tätig. „Schon unser Großvater arbeitete in einer Schuhfabrik“, berichtet Wald weiter. „Gedrängt hat uns aber niemand.“

Der Erfolg des Unternehmens erklärt sich auch aus der Verknüpfung von traditioneller Handwerkskunst mit moderner Technik. So haben die Brüder die Produktion der Schuhleisten von Gipsabdrücken auf 3D-Druck umgestellt. Erst wird ein digitales 3D-Modell des Fußes erstellt, anschließend fertigt der 3D-Drucker exakt passende Schuheinlagen oder Probeschuhe. Die Digitalisierung sei aber auch dem Fachkräftemangel geschuldet, sagt Wald. „Viele wissen gar nicht, dass es noch Schuhmacher in Deutschland gibt.“ Handwerkern, die sich ebenfalls mit dem Gedanken an eine Unternehmensgründung tragen, kann Wald aber nur gut zureden: „Wir sind mit den Aufgaben gewachsen, es gab auch Rückschläge, aber wir haben immer weitergemacht, man muss nur beständig hungrig nach Veränderung sein.“

Orthopädie & Schuhtechnik Wald
orthopaedie-wald.de

Christoph Ertz

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